Guatemala Norte – von Tikal bis Cobán

Zum letzten Mal auf unserer Reise besuchen wir alte Mayastädte – Uaxactun und Tikal, die beinah im Dschungel versunken sind. Am Lago Izabal spielen wir mit guatemaltekischen Kindern und sitzen stundenlang in der Urwaldsauna. Von hier aus geht aus auf Abwegen ins Hochland von Guatemala, wo uns smaragdfarbene Kalksteinbecken und Fledermaushöhlen erwarten. Auch das Geheimnis des Kaffee-Anbaus wird in Cobán endlich für uns gelüftet…

Aber von vorne: die guatemaltekische Grenze wirkt improvisiert. Die Grenzbeamten hocken unter einem Blechdach, ein richtiges Gebäude haben sie nicht bekommen. Wir bekommen schnell unseren Stempel, 90 Tage Aufenthalt innerhalb der C4-Staaten (Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua). Die Fahrzeugeinfuhr ginge auch problemlos, wenn man denn alle benötigten Kopien hätte. Die haben wir natürlich nicht und so klappern wir die Läden an der Grenze ab. Leider ist bei drei Geschäften in Reihe der Kopierer kaputt. Also laufen wir über die Grenzbrücke und werden schließlich fündig. Der Mann hat alles was wir brauchen und drückt uns sogar noch eine Landkarte in die Hand, auf der alle Highlights eingezeichnet sind und die uns die nächsten Wochen begleiten wird. Zurück unter dem Blechdach wird dann das Auto temporär eingeführt und wir ziehen los. Willkommen in Guatemala!

Über Guatemala – das „Land der Bäume“

Guatemala versprüht eine unglaubliche Magie. Der Dschungel im Norden ist Heimat präkolumbianischer Ruinen, die Märkte sind bunt und quirlig und man kann hier Vulkanwanderungen vom Feinsten unternehmen. Die sozialen Unterschiede zwischen der indigenen Bevölkerung (ca. 40% der Bevölkerung) und den Ladinos sind enorm, genauso wie die Unterschiede zwischen Stadt und Land. Viele Menschen leben hier unter der Armutsgrenze. Obwohl Spanisch die Landessprache ist, werden in weiten Teilen noch indigene Sprachen wie Ixil oder Quiché gesprochen. Der prächtige Quetzal (Vogel) ist das Wappentier Guatemalas und gleichzeitig die offizielle Währung des Landes.

Die Insel Flores und die Ruinen von Tikal

Wir fahren über erstaunlich gute Straßen bis Santa Elena, wo wir erstmal den Kühlschrank auffüllen und gleich das wichtigste im Land erkunden – die Lebensmittelversorgung. Auf den ersten Blick sind Angebot und Preise in Ordnung, beides scheint in Mexiko etwas besser bzw. günstiger gewesen zu sein. Über eine Brücke fahren wir auf die Insel Flores im See Lago de Petén Itzá. Gegenüber vom Hotel ist Street-Camping angesagt. Als wir nichtsahnend im Auto sitzen und Pläne für die nächsten Tage schmieden, lernen wir Anna und Jesus kennen, ein österreichisch-spanisches Paar, das mit dem Rucksack unterwegs ist. Da wir alle einen Ausflug nach Tikal am kommenden Tag planen, bieten wir an, die beiden mitzunehmen.

Zu viert fahren wir einmal um den See Petén Itzá herum und nehmen diesen Umweg in Kauf, weil wir uns eine schöne Offroad-Strecke erhofft hatten. Landschaftlich ist die Strecke zwar schön, Offroad ist es allerdings nicht, vielmehr eine normale Schotterpiste. Wir sehen ein Auto mit offener Motorhaube und einen ratlosen Mann. Wir fragen was los sei und ob er Hilfe braucht. Ein Kurzschluss, viel Rauch und eine Flamme haben das Fahrzeug zum Anhalten gezwungen erzählt der Familienvater. Mit etwas Klebeband isoliert Till schnell das betroffene Kabel neu. Als sein Auto wieder anspringt strahlt die ganze Familie und wir haben unsere gute Tat für heute vollbracht.

In Tikal besorgen wir uns erstmal unsere Autogenehmigung, denn wir wollen zuerst die weniger besuchten Pyramiden von Uaxactun weiter im Norden besuchen. Das Hottahü bahnt sich also seinen Weg durch die Touristenmassen auf dem Weg nach Tikal, die plötzlich uns als ihr neues Fotoobjekt ins Visier nehmen. Wir fühlen uns etwas begafft und fehlamplatz und sind froh auf der Schotterpiste bis Uaxactun fast alleine unterwegs zu sein. Die Ruinen im Dschungel sind beeindruckend und kaum besucht. Uaxactun war einst der politische und militärische Rivale von dem mächtigeren Tikal. Vieles ist hier noch nicht ausgegraben oder gar restauriert, die finanziellen Mittel stehen einfach nicht zur Verfügung. Ein Opferstein wird jedes Jahr für drei Monate ausgegraben und untersucht, dann muss wieder pausiert werden, erklärt einer der Mitarbeiter vor Ort. Das älteste Datum zeigt das Jahr 328 und die Stätte war über 560 Jahre lang besiedelt. Die Pyramide der Masken ist angeblich sogar die älteste Maya-Pyramide überhaupt. Die ganze Stadt wurde so angelegt, dass die Jahreszeitenwechsel von einer Plattform aus an der gegenüberliegenden Pyramide abgelesen werden können. Der Sonnenaufgang am Tag der Sommer- und Wintersonnenwende erfolgt genau über den zwei äußeren Pyramiden. Bei den Tagundnachtgleichen (Frühjahr- und Herbstbeginn) stand die Sonne genau über der mittleren, großen Pyramide. Da alles zugewachsen ist, können wir uns das Spektakel nicht so richtig vorstellen.

Auf dem Weg zurück nach Tikal überquert dann ein Puma direkt vor uns die Straße, oder war es doch ein Jaguar? Vier Leute im Auto und keiner kann das Tier hinterher beschreiben. Nur groß war es, da sind wir uns alle einig.

Die Mayastadt Tikal beeindruckt uns dann doch noch einmal auf eine ganz andere Weise. Auf der Gran Plaza befindet sich der beeindruckende Templo I, die steilwandige Pyramide, die mit über 60 m sogar aus dem Dach des Dschungels hervorlugt. Der Anblick ist einzigartig und zurecht auf sämtlichen Postkarten und Werbeplakaten für Guatemala abgebildet. Das Gelände ist groß und die Ruinen regelrecht im Regenwald versteckt. Wir bleiben über Nacht in Tikal und campen bei einem Hotel direkt vor dem Eingang in der Hoffnung morgens noch den Sonnenaufgang bei den Pyramiden zu erleben. Da wir aber nochmal den Eintritt zahlen müssten und es bewölkt ist, verzichten wir dann aber doch.

Eine Woche nachdem wir Tikal besucht hatten, lesen wir dann in den Nachrichten von neuen entdeckten Maya-Siedlungen, die mit einer Laserscan-Technik unter dem dichten Dschungel entdeckt wurden. Eine Entdeckung, die den Forschern ein besseres Bild vom Leben der Bevölkerung im Hinterland der Städte geben könnte. Das sich hier im Regenwald noch das ein oder andere entdecken lässt glauben wir angesichts des dichten Dschungels nur zu gern.

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Zurück am Petén Itzá See finden wir in El Remate eine ruhige Alternative zu Flores. Wir essen mit Blick auf den See zu Mittag und sehen eine Neuerung im Straßenbild: Schweine laufen überall herum. Im Naturreservat Cerro Cahuí finden wir einen Platz zum Übernachten und wandern einen schönen Rundweg mit Aussicht auf den See. Über uns turnen die Brüllaffen und wir freuen uns über die Bewegung.

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Jahreswechsel mit Blick auf Flores

Wir beschließen, auch über Silvester mit Anna und Jesus zusammen zu bleiben und suchen dafür das Chaltunha Hostel in San Miguel aus, wo wir uns auch noch mit Stefan und Yasmin (planr.org) treffen und einen tollen Blick auf Flores und das Feuerwerk haben. Gemeinsam stoßen wir mittags um 16 Uhr auf das deutsche Neujahr an und natürlich ein zweites Mal auf das „echte Neujahr“ in Guatemala an. Wir erinnern uns an unser letztes Silvester als wir im tiefsten Schnee und Winter in den USA waren und können kaum glauben, was wir seitdem alles erlebt haben. 2018, ein weiteres Jahr auf Reisen beginnt für uns!

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Fahrt bis zum Lago de Izabal im Osten Guatemalas

Wir fahren durch El Petén, die am dünnsten besiedelte Region Guatemalas. Die einstige Wildnis verschwindet hier leider in schnellem Tempo, immer mehr Menschen siedeln in die Provinz und roden den Wald für Viehzucht oder Nutzflächen. Auf dem matschigen Platz der sonst sehr schönen Finca Ixobel stehen wir über Nacht. Am nächsten Tag fahren wir bis nach Rio Dulce. Im Yachthafen treffen wir deutsche Auswanderer, die seit einigen Jahren auf ihrem Segelboot in der Karibik wohnen. Von hier aus starten auch Bootstouren an die Karibikküste für die wir uns aber nicht begeistern können.

Unser Ziel hingegen sind die heißen Wasserfälle „Agua Caliente“. Stundenlang sitzen wir im kalten Fluss und lassen das heiße Wasser auf uns niederprasseln. Im Fels gibt es eine Höhle, in der man wie in einem Dampfbad sitzen kann, abends haben wir die „Urwaldsauna“ ganz für uns allein. Praktisch, dass man hier direkt campieren kann. Die Kinder aus dem Dorf sind neugierig und belagern uns und unser Auto. Nachdem sie verstanden haben, dass wir ihnen kein Geld geben und auch nichts von ihren Snacks kaufen wollen sind sie einfach nur neugierig. Da wir wenig spannendes haben, leihen wir ihnen schließlich unsere Bücher aus. Ein Spanischbuch und der Reiseführer müssen dran glauben. Die wenigen Bilder werden genau betrachtet, ganz fasziniert gucken sie das Bild von einem Wal an, ein Tier von dem die meisten noch nie etwas gesehen oder gehört haben. Wir verteilen Zettel und Stifte und bringen den wissbegierigen Kids das zählen auf Englisch bei. Sie wohnen nebenan im Dorf, sind aber den ganzen Tag hier, um ihre mitgebrachten Kokosnüsse, Bananenchips oder Maisbrote zu verkaufen. Kommen Autos oder Kleinbusse angefahren rennt die ganze Bande, viele davon barfuß hinterher, in der Hoffnung etwas zu Verkaufen, manchmal mit Erfolg, manchmal ohne. Wir sind eine willkommene Abwechslung und bekommen sogar unsere Stoßstange geputzt. Gesittet leihen sie sich einer nach dem anderen die Bücher aus und bringen sie immer wieder zu uns zurück. Die Mutigsten trauen sich auch mal ins Auto. Für uns ist es zwar gewöhnungsbedürftig unter strenger Beobachtung zu kochen, aber die Kids sind so liebenswert, dass wir sie auch nicht wegschicken wollen.

 

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Abkürzung durch das guatemaltekische Hinterland

Über El Estor und Senahu soll es eine kurze Verbindung nach Semuc Champey und Cobán geben, die wir fahren möchten. Mit Stefan und Yasmin geht es dann zu viert über die wenig befahrene und teils matschige Straße durchs Gebirge bis Semuc Champey. Die Fahrt auf einer passablen Schotterpiste durch die Berge bietet tolle Ausblicke und wir sehen auch gleichzeitig das Leben der guatemaltekischen Landbevölkerung. Immer wieder sehen wir hier die Männer und auch Jungs, die schwer beladen mit Feuerholz marschieren. Sie verteilen die Last, indem sie ein Band um die Stirn wickeln. Wir sind tief beeindruckt, was diese Menschen leisten müssen, um hier zu überleben. Wann habt ihr das letzte Mal Feuerholz über Stunden hinweg bergauf und bergab nach Hause getragen, um kochen und heizen zu können? Auch die Frauen laufen mit großen Säcken Kaffeebohnen auf dem Kopf balancierend an der Straße entlang. Mehrmals fragen wir nach dem Weg und winken allen freundlich entgegen. Wir fühlen uns willkommen, obwohl wir so offensichtlich überhaupt nicht hierher gehören.

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Smaragdfarbene Becken und eine Fledermaushöhle

In Semuc Champey gibt es Kalksteinbecken, die mit kühlem Flusswasser gefüllt sind. Das Wasser schimmert von Türkis bis Smaragdgrün und sieht wunderbar aus. Den besten Ausblick hat man von dem Aussichtspunkt, aber auch der Weg nach unten zum Wasserfall lohnt sich. Leider werden wir an dieser Touristen-Attraktion aber auch abgezockt, beim Essen an eimem der Stände fragen wir vorher nicht nach dem Preis (klar, wir sind selbst schuld!) und müssen hinterher mit dem Besitzer diskutieren bis wir uns einig werden.

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Über eine abenteurliche Brücke verlassen wir Semuc Champey. Wir fahren voran und wundern uns, warum wild gestikulierende Kinder vor uns herlaufen. Im letzten Moment sehen wir das Loch in der Holzbrücke und können gerade noch auf die Gegenseite wechseln. Glück gehabt, da hätten wir locker den ganzen Reifen versenken können.

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Den kurzen Weg bis Lanquin haben wir schnell geschafft. So schlecht wie beschrieben finden wir die Straße nicht, steil und schotterig, aber dafür hat man ja einen Land Cruiser. Direkt bei der Fledermaus-Höhle (Grutas de Lanquín) können wir campieren und in der Zeit bis zur Dämmerung laufen wir durch das klamme Höhlensystem mit skurrilen Stalaktiten und Stalagmitenformationen. In der Dämmerung stellen wir uns dann an den Höhleneingang und warten gespannt. Erst sind es nur wenige, dann immer mehr Fledermäuse die wie aus dem Nichts auftauchen und um uns herum und an uns vorbei ins Freie fliegen.

Da es abends regnet sind wir für das Dach auf dem Parkplatz nebenan ganz froh und können dennoch draußen sitzen.

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Cobán im Hochland

Cobán ist die nächste größere Stadt der Alta Verapaz. Hier im Hochland auf 2000 m stehen wir für zwei Nächte im Naturreservat mitten in der Stadt. Der Platz bietet einen Grillplatz und ein Dach. In der Stadt gibt es Klamottenläden mit gutem Angebot und ich finde endlich wieder eine Cordhose. Die Kleider kommen wahrscheinlich aus amerikanischen Großposten und werden hier neu und gebraucht für 5-20 Quetzal (0,5 – 2 EUR) angeboten. Richtige Läden wie bei uns (z.B. Markengeschäfte) sucht man hier vergebens. Wir erkunden den Lebensmittelmarkt, waschen unsere Wäsche und können abends bei empfindlichen Temperaturen endlich mal wieder ein Brot backen.

Das Geheimnis der schwarzen Bohnen

Wir besuchen die Kaffee-Kooperative Chicoj etwas außerhalb von Cobán und werden in die Geheimnisse der schwarzen Bohnen eingeweiht. Kaffee wächst idealerweise im Hochland ab 600 m, oft werden Bananen als Schattenbäume auf den Feldern angebaut.
Der Weg bis zum fertigen Kaffee ist weit. Bei der aufwendigen Ernte werden die reifen Kaffeekirschen per Hand gepickt. Die roten Früchte werden gewaschen und anschließend fermentiert um die Haut und das Fruchtfleisch zu entfernen. Im Idealfall kann man nun die weißen Bohnen einfach in der Sonne trocknen lassen. Die Bohnen können anschließend nach Belieben geröstet und gebrüht werden.
Die Organisation als Kooperative hat für die Familien eigentlich nur Vorteile. Jede Familie kümmert sich selbst um ihren Anbau und die Entlöhnung findet pro abgegebenem Kilo reifer Früchte statt. Die Kosten für die Maschinen werden aber durch alle Familien geteilt und somit wird das Ganze für alle lukrativer. Unser Guide betont, dass die Ernte in Guatemala sehr pflanzenschonend per Hand stattfindet, während beispielsweise in Kolumbien die Bäumchen maschinell geschüttelt werden und dadurch Zweige abreißen und auch unreife Früchte geerntet werden, was letztlich die Qualität mindert. Am Ende der Führung gibt es natürlich eine Verköstigung mit dem Kaffee der Kooperative und dazu ein Kaffee-Eis. Für uns ist das der beste Teil der Führung.
Als wir bei der Führung die weißen Bohnen auf dem Boden trocknen sehen wird uns nun auch klar, was die ganzen Familien im Hochland im Kleinstformat vor ihrer Haustüre getrocknet haben. Auf jeden Fall haben wir ab jetzt den „Kaffeeblick“ und sehen die Sträucher schon aus weiter Entfernung an den Hängen stehen.

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Das war der erste Teil unserer dreiteiligen Guatemala-Berichte. Freut euch auf den nächsten Bericht, und erfahre, wie wir zu unserer ganz persönlichen Maya-Zeremonie kommen.

 

Reisezeit: 28.12.17 – 9.1.18

Unsere Route: Santa Elena – Flores – Uaxactun – Tikal – El Remate – Poptún – Rio Dulce – El Estor – Semuc Champey – Lanquin – Cobán

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