Kolumbien III – über Mompox bis Bogota endlich in die Berge

Unerwartet kündigt sich Besuch aus Deutschland an und wir erkunden zu dritt die Strecke von der Karibikküste bis Bogota – endlich geht es in kühlere Gefilde. In Mompox werde ich kurzerhand als Dolmetscherin engagiert und auch ansonsten gibt es viele Kolonialdörfer zu erkunden, aber lest selbst…

Spontaner Besuch im Hottahü

Das erste Mal auf der Reise sind wir wirklich zu dritt unterwegs, denn spontan verabreden wir uns mit Martina, einer Freundin aus Deutschland, die zufällig auch gerade in Kolumbien ist. Gemeinsam wollen wir die Strecke von Santa Marta bis Bogota bereisen.

In einem netten Strandhostel haben wir uns mit Martina verabredet. Nach einem Mittagessen fahren wir auch gleich schon los, denn der Weg ist weit und unterwegs gibt es viel zu sehen. Wir verabschieden uns vorerst von dem Atlantik, denn erst im November zur Verschiffung werden wir wieder nach Cartagena zurückkommen.

Die vergessene Stadt Mompox

Nach fast zwei langen Fahrtagen kommen wir in Mompox (oder Mompós) an. Einst war die Stadt auf der Sumpfinsel im Rio Magdalena ein bedeutungsvoller Hafen. Verkehrsgünstig gelegen zwischen den großen Städten Cartagena und Barranquilla und ganz nebenbei ein Umschlagplatz für die feine und wohlhabende Gesellschaft. Doch der sinkende Wasserspiegel führte zu einer Änderung der Transportwege und das hübsche Städtchen geriet völlig in Vergessenheit. Erst vor 10 Jahren haben sich die ersten Hotels hier etabliert, aber von ausländischem Tourismus ist nach wie vor nichts zu sehen. Überhaupt wirkt die ganze Stadt völlig ausgestorben, als wir bei unerträglicher Hitze an der Flusspromenade entlang schlendern.

 

So schnell wird man Dolmetscher

Ein Fahrradfahrer hält neben uns an und der Mann verrät uns, dass er hier Fremdenführer sei. Wir wollen schon weitergehen, denn wir haben wenig Lust uns eine Tour aufschwätzen zu lassen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Gonzalo hat eine Führung für morgen früh und braucht dringend einen Dolmetscher für seine englischsprachigen Kunden. Im Gegenzug würden alle drei die Führung gratis bekommen und er uns mit Getränken versorgen. Spontan willige ich ein, das klingt nach einer lustigen (und günstigen) Möglichkeit die Stadt kennenzulernen.

Abends sitzen wir bei strömendem Regen unter dem Blechdach des etwas gammeligen Parkplatzes und ich bin so aufgeregt, dass ich mich noch schnell in die Geschichte von Mompox einlese und Vokabeln pauke, um am nächsten Tag wenigstens eine grobe Ahnung zu haben, was Gonzalo erzählen könnte.

Ungeahnte Fähigkeit als Fremdenführerin

Pünktlich um 8 Uhr stehen wir also in dem imposanten Eingangsbereich des Hotels das weit über unserem Budget liegt. Hier lernen wir die Familie aus der Schweiz kennen, die die Führung gebucht hat.

Das historische Zentrum von Mompox wurde zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt und die vielen restaurierten Gebäude können sich wirklich sehen lassen. Die Führung bringt uns einmal quer durch die Stadt, alle sieben Kirchen werden besucht. Ich gebe mein bestes und übersetze fleißig alles was Gonzalo über die Kirchen und ihre Legenden zu erzählen hat.

Am beeindruckendsten ist die Kirche Santa Barbara mit dem 8eckigen Turm. Die Legende erzählt von Barbara, die gegen den Willen ihrer Familie einen arabischen Mann heiratet und zum Islam übertritt. Als Strafe wird sie von dem katholischen Vater in ebendiesen Turm gesperrt. Die vier Löwen unterhalb des Balkons sollen Barbara an einer Flucht hindern. Ein Happy End gibt es in dieser Legende allerdings nicht, denn Barbara lässt sich auch durch die Gefangenschaft nicht von ihrem Glauben abbringen. Der Vater schließlich wird so wütend, dass er seine eigene Tochter köpfen lässt.

Viele der Kolonialhäuser sind gut erhalten und wir werden stolz durch die prächtigen Innenhöfe geführt. In einem der Gebäude wird gerade für ein neues Hotel umgebaut. Ausländische Investoren haben das Potential von Mompox erkannt und die Einwohner freut es auch, sehen sie doch die positiven Seiten, die der Tourismus mit sich bringt.

 

Friedhof der Katzen

Den angeblich schönsten Friedhof von Lateinamerika schmücken Mausoleen und Grabnischen, und dazu räkeln sich die Katzen auf den Gräbern. In einer der Legenden sind es die Verstorbenen, die als Katzen wiedergeboren wurden, andere Legenden behaupten ein Pakt mit dem Teufel hätte die Katzen hierhergelockt. So oder so, die Katzen dürfen bleiben und gehören hier zum normalen Bild des Friedhofs.

Nach der Führung werden wir von Gonzalo sogar zum Mittagessen eingeladen. Er bedankt sich mehrfach und ist sichtlich froh, dass wir ihm ausgeholfen haben. Die sonstigen Touristen können immer Spanisch oder bringen ihren eigenen Übersetzer mit. In der Stadt selbst gibt es niemanden, der Englisch kann. Uns soll es recht sein, denn wir hatten auf jeden Fall viel Spaß!

Weiße Fassaden zum Ersten – La Playa de Belén

Bei der Hitze von Mompox bleibt uns nur die Flucht und wir sehnen uns nach kühler Bergluft. Dafür haben wir uns den winzigen Ort Playa de Belén ausgesucht. Auf dem Weg schlängeln wir uns die enge Bergstraße nach oben und sind froh, dass gerade nicht so viel Verkehr ist. Alle Restaurants am Straßenrand sind hingegen gut besucht, denn achja, heute spielt ja Kolumbien gegen England im Achtelfinale der Fußball-WM. Von Deutschland erreicht uns die Nachricht, dass sogar der Flughafen in Bogota geschlossen sei, damit alle das Spiel verfolgen können. Das können wir uns nur zu gut vorstellen. Umso trauriger ist die Stimmung im Land, als die Kolumbianer an diesem Tag bei der WM ausscheiden.

Nur drei Straßen gibt es in La Playa und ausnahmslos alle Häuser sind weiß gestrichen und haben einen roten Sockel. Bei dieser einheitlichen Gestaltung fragen wir doch direkt im Dorf nach der Bedeutung. Die weißen Fassaden sind für die Optik, das Rot für die politische Ausrichtung des Dorfs. Rot für die Konservativen, grün für die Liberalen.

Einen Standplatz finden wir in einem hübschen Garten, gut versteckte hinter einer der weißen Fassaden. Die drei Dorfstraßen haben wir schnell erkundet und vom Friedhof aus hat man einen guten Blick über die Stadt und die im Dunkeln beleuchtete Kirche. Ansonsten ist hier wenig los. Sehr wenig. Motorrad fahren, Billard spielen und Tejo sind hier die drei Hauptbeschäftigungen der Bevölkerung erklärt uns der Besitzer vom Campingplatz. Bei Tejo, einem typisch kolumbianischen Spiel werden Platten auf einen Metallkreis geworfen, der mit Schwarzpulver bestückt ist. Ich stelle es mir wie eine Art Boule vor, nur dass es hier gleich explodiert, wenn man getroffen hat.

 

Hübsche Felsformation bei Los Estoraques

Mit langen Klamotten und Jacke freuen wir uns über die kühle Luft am Abend. Am nächsten Tag laufen wir zu dem Park „Los Estoraques“. Ein Park mit beeindruckenden Felsformationen. Wir laufen bzw. klettern durch die Sandsteinsäulen. An den Wegen sollte vielleicht noch etwas gearbeitet werden, denn mehr als einmal stehen wir vor dem Abgrund. Hübsch sehen die Felsformationen hier aus und der Anblick erinnert uns ein bisschen an die vielen Nationalparks in Utah.

 

Chicamocha Canyon

Nach einem langen Fahrtag und wieder einmal sehr bergigen Straßen kommen wir abends bei den Cabanas Campestres an, von wo aus wir einen tollen Ausblick in den Chicamocha Canyon haben. Es gibt auch einen zugehörigen Park, der mit Seilbahn, Schwimmbad und Straußenfarm wirbt. Den Ausblick in den beeindruckenden Canyon haben wir aber auch ohne Parkeintritt.

In San Gil folgen wir zum Mittagessen der Reiseführer-Empfehlung und wie immer ist das Mittagsangebot sehr üppig. Eine Tagessuppe als Vorspeise, ein großer Teller als Hauptgericht (oft Hühnchen, Reis, Salat, Kochbanane), dazu eine Limonade. Von San Gil aus kann man viele Outdoor-Aktivitäten buchen, von Rafting über Klettern und Abseilen ist alles dabei, die Stadt selbst ist aber weder hübsch noch einladend. Deswegen ziehen wir schnell weiter.

 

Barichara – der perfekte Ort…

In der Overlander-App sticht ein neuer Standplatz heraus, der nördlich von Barichara liegt und uns mit super Bewertungen und einer heißen Dusche (!) lockt. Joep und Julia aus den Niederlanden haben hier mit der Guairamo Campsite ein kleines Paradies geschaffen. Die Architektin hat das alte Bauernhaus renoviert und ein offenes Zuhause geschaffen. Die Temperaturen sind ganzjährig um die 15-25°C, sodass man immer draußen sein kann.

Das Wasser für die Außendusche wird mit Solar gewärmt und wir fühlen uns gleich wohl hier. Erst seit einem Monat haben sie für Overlander geöffnet und wir sind schon die 14. Gäste. Abends sitzen wir alle zusammen Joep und Julia erzählen gerne von ihren Erfahrungen als Auswanderer in Kolumbien. Da kommt man schnell ins Schwärmen, denn so zu leben, das können wir uns durchaus vorstellen.

Auf dem Camino Real Wanderweg wandern wir nach Guane. Neben Barichara ein weiterer sehr idyllischer Ort mit Kunsthandwerk und Ziegenkäse.

 

Villa de Leyva – noch mehr weiße Fassaden und ein Aussichtspunkt

Was in Mexiko die Pyramiden und in Guatemala die bunten Märkte waren, sind in Kolumbien die weißen Fassaden der Kolonialstädte. Villa de Leyva ist dabei tatsächlich die touristischste Stadt, die wir besuchen. Die Nähe von Bogota lässt das Geschäft florieren. Um den größten Platz Amerikas (120 m in jede Richtung) tummeln sich Pizza-Restaurants und doch hat das Städtchen sich seinen Charme behalten.

Da wir uns einen Standplatz in der Stadt gesucht haben, ziehen wir abends los zum Cocktail trinken. Auf der Plaza Mayor ist aber nicht wirklich viel los. Morgens machen wir dann ein Mädels-Frühstück in der Stadt und erklimmen den Hausberg zu einem Aussichtspunkt. Wie immer in Kolumbien ist auf dem Berg eine religiöse Figur, sonst würde wohl auch niemand auf die Idee kommen einen Berg zu besteigen. Egal, die Aussicht ist top von hier oben und die Bewegung tut richtig gut.

 

Unter Tage in der Salzkathedrale

Direkt auf dem Parkplatz der Salzkathedrale Zipoquira können wir übernachten. Morgens kostet das Aufstehen allerdings Überwindung. Bei 11°C und Regen ist es draußen nicht sehr gemütlich und wir frühstücken zum ersten Mal seit langem wieder drinnen. Das ist schon kuschelig zu dritt, aber insgesamt haben die 10 Tage zu dritt sehr gut funktioniert.

Die Salzkathedrale ist einzigartig in Kolumbien und gibt es in ähnlicher Art nur noch in Polen. Mit Audioguide ausgestattet erkunden wir die Salzkathedrale zunächst auf eigene Faust, weil wir auf die englische Führung warten müssen. Unser Guide gibt uns dann aber doch noch einen guten Überblick und wir laufen staunend die alten Minengänge entlang. Ein Kreuzweg führt uns bis zur eigentlichen Kathedrale. Das größte unterirdische Kreuz der Welt ist eine optische Illusion, denn es ist aus dem Salz herausgehauen und von innen beleuchtet. Die Atmosphäre unter Tage ist durch die Beleuchtung beinah mystisch. Zum Schluss gucken wir uns noch die Lichtshow und den 3D-Film über die Salzminen an. Auch wenn wir eigentlich keine Kirchen besichtigen, hat uns die Kathedrale doch sehr gut gefallen und wir können gut verstehen, warum sie eine der Hauptattraktionen Kolumbiens ist.

 

Zwischenstopp in Bogota

Die Fahrt bis Bogota bewältigen wir schnell auf der 4spurigen Straße. Neben der Straße sehen wir landwirtschaftliche Flächen und die Landschaft könnte ebenso in Deutschland oder Europa sein. Auch das Wetter ist trüb und erinnert an den deutschen Herbst. Wir stauen uns in die Hauptstadt rein und fahren das außerhalb liegende Hostel Como en Casa an, in dem Martina sich eingebucht hat. Die Familie ist total nett und kennt Martina noch von vor 2 Wochen. Auch wir dürfen ganz selbstverständlich und kostenlos die Nacht auf ihrem Parkplatz verbringen, das WC und die Dusche nutzen. Das ist wieder einmal das Kolumbien, wie wir es die letzten Wochen erlebt haben, freundliche und hilfsbereite Menschen. Das Reisen hier macht richtig Spaß! Sobald man die Küste verlässt wird es angenehm kühl, die Standplätze sind oft sehr schön und auch die vielen Dörfer haben uns sehr gut gefallen.

Abends essen wir ein letztes Mal zu dritt zu Abend und am nächsten Tag setzen wir Martina am Flughafen ab, denn sie fliegt weiter nach Medellín zum Spanisch lernen. Für uns war es ein neues Erlebnis zu dritt zu reisen und natürlich eine willkommene Abwechslung abends noch schön quatschen zu können und Reisegeschichten auszutauschen. Vielen lieben Dank für den spontanen Besuch, wir sehen uns in Deutschland wieder!

Für uns geht es in Bogota nun weiter mit Erledigungen machen und dann freuen wir uns auf heiße Quellen und das Palmental bei Salento…

Reisezeit: 01.07.18 – 11.07.18

Gefahrene Route:

Route: Santa Marta – Mompos (Mompox) – La Playa de Belén und Los Estoraques – Chicamocha Canyon – San Gil – Barichara – Villa de Leyva – Zipoquira – Bogota

 

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