Kolumbien IV – von Wachspalmen und heißen Quellen im Los Nevados Nationalpark

Nach den vielen Kolonialdörfern aus dem letzten Bericht (Kolumbien III) zeigt uns Kolumbien erneut, was es alles zu bieten hat. Wir haben gleich nochmal Besuch und wandern zu dritt durch das sattgrüne Cocora-Tal mit den größten Palmen der Welt und schlafen bei eisigen Temperaturen auf 4000 m Höhe, wo wir uns nachts im heißen Fluss aufwärmen. Zurück im tropischen Klima am Rio Claro erkunden wir eine Marmorhöhle und lassen die gemeinsame Zeit zu dritt bei Zimtschnecken, Lagerfeuer und selbst gebrautem Tepache ausklingen…

Fliegender Wechsel

In Bogota findet ein schneller Wechsel statt. Wir verabschieden Martina am Flughafen, gönnen uns einen entspannten Städtetag und finden zufällig Bogotas beste Pizza. Am nächsten Tag geht es gleich wieder zum Flughafen und wir holen Jana ab, die aus Brasilien zu uns fliegt. Für die nächsten 10 Tage sind wir also zusammen unterwegs und fahren eine Rundtour um Bogota.

Abkürzung über Toche nach Salento

Von Bogota aus wartet ein langer Fahrtag auf uns, denn wir nehmen mal wieder eine Abkürzung auf unbefestigter Straße, die uns über das kleine Dorf Toche bis nach Salento führt. Hinter jeder Kurve bieten sich neue Aussichtspunkte und wir sehen bereits hier die ersten der berühmten Wachspalmen im sattgrünen Tal. Die Strecke ist in gutem Zustand und eine schöne und seichte Offroad-Alternative zur Hauptstraße, die für alle Fahrzeuge zu bewältigen ist. Gerade hinten im Wohnbereich hoppelt es aber doch ganz schön und die beste Position ist liegend auf der Rückbank, wie sich herausstellt.

 

Die höchsten Palmen der Welt

Die höchste Palme der Welt wächst nicht etwa am Strand, sondern auf einer Höhe von 1800-2400 m. Bis zu 60 Meter werden die Quindio-Palmen hoch und sind damit auch gleichzeitig der Nationalbaum Kolumbiens und schmücken den 50.000 Pesoschein.

Abends kommen wir in Salento auf dem La Serrana Campingplatz an und genießen den Sonnenuntergang mit einem wunderschönen Blick in die umliegenden Täler. Dazu die kühle Luft, eine warme Dusche und ein Wiedersehen mit unseren Schweizer Freunden Christine und Felix. Kolumbien ist wunderschön und was haben wir solche Campingplätze in Zentralamerika vermisst!

 

Wandern im Palmental – Valle de Cocora

Von Salento nach Cocora geht es auf der asphaltierten und gut ausgebauten Straße. Von hier aus wandern wir vom Tal aus in die Berge. Die zahlreich angebotenen Pferdetouren sind für uns keine Option, denn die armen Tiere tun uns hauptsächlich Leid bei den meist übergewichtigen Reitern.

Es geht direkt durch die Palmenwälder hoch bis zu einem Aussichtspunkt und weiter zu einer Finca, bei der wir nach der schweißtreibenden Wanderung die letzte Cola kaufen. Der Rückweg führt uns auf der anderen Hangseite durch dichten Wald und über viele abenteuerliche Brücken zurück bis ins Tal nach Cocora. Ein sehr schöner und abwechslungsreicher Rundweg, der sich wirklich lohnt.

In Salento selbst ist einiges los, Souvenirshops reihen sich an Hostels, Canopy-Touren und leckere Restaurants. Wir finden ein leckeres Curry und sind froh die Nacht außerhalb beim La Serrana Camping zu verbringen. Die Region ist neben den Palmen hauptsächlich für den Kaffeeanbau bekannt. Die Zona Cafetera oder Kaffeezone zieht sich durch diesen Teil Kolumbiens und bietet ideale Anbaubedingungen für Arabicabohnen. Da wir bereits in Guatemala bei einer Führung den Ernte- und Verarbeitungsprozess kennengelernt haben, verzichten wir diesmal.

 

Heiße Quellen, kalte Nächte

Zwar gab es auch in Zentralamerika mehr als genügend vulkanische Aktivität um in heißen Quellen baden zu können, aber wer hat bei über 30°C Außentemperatur denn dazu bitte schön Lust? Die Lage, besser gesagt die Temperaturen sehen hier in den Bergen von Kolumbien aber ganz anders aus. Deshalb haben wir uns die Termales Las Grutas ausgesucht, um mal wieder richtig warm zu baden und zu entspannen. Da wir wenig Lust auf volle Pools und teuren Eintritt haben, meiden wir die Angebote an der Hauptstraße und nehmen stattdessen die unbefestigte Straße in Kauf und holpern in der Dämmerung auf den Parkplatz der Thermalquellen. Praktisch, dass wir hier auch übernachten können.

Auf 3300 m ist die Lufttemperatur um diese Zeit bereits so kalt, dass man es sowieso nur im heißen Wasser aushalten kann und mit zunehmender Stunde leeren sich auch die Pools und wir sitzen ganz alleine bis in die Dunkelheit im 38°C warmen Wasser. Der Hunger treibt uns zurück in die Kälte und die Standheizung kommt seit langem mal wieder zum Einsatz.

 

Zuckerwasser für alle! Die „Spezialität“ Kolumbiens

Morgens lädt uns der Besitzer der Thermalpools dann zu sich nach Hause ein, um das typische Agua Panela zu probieren. Er schwärmt uns von dieser Spezialität vor und wie immer sind wir neugierig (und hungrig) und folgen ihm die Straße runter zu seinem Haus, in dem seine Frau schon alles vorbereitet hat. Wir bekommen eine Schüssel mit dem Agua Panela, was sich als reinstes Zuckerwasser herausstellt. Panela wird hier nämlich der Rohzucker genannt, den man überall blockweise am Straßenrand kaufen kann. Zu diesem lauwarmen Zuckerwasser bekommen wir dann ein Stück Käse zum reintunken und einen Arepa, einen Maisfladen. Unsere anfängliche Begeisterung für Neues schwindet nach den ersten Löffeln des Gesöffs. Wir müssen uns sehr bemühen, unsere Teller zu leeren. Mein Käse verschwindet unauffällig in der Jackentasche für später und Till isst tapfer alle anderen Reste auf. Unser Wirt berichtet stolz, dass man Agua Panela zu jeder Tageszeit essen kann, auch mit Kaffee und Schokolade würde es sehr gut schmecken. Aha. Auch wenn es definitiv nicht unser Lieblingsgericht wird, wissen wir nun zumindest wozu die Kolumbianer die ganzen Zuckerberge vom Straßenrand verarbeiten. Wir sind auf jeden Fall geheilt und fahren an allen Restaurant-Schildern, die mit Agua Panela werben weiträumig vorbei.

 

Los Nevados Nationalpark

Von den heißen Quellen fahren wir einmal quer durch den Los Nevados Nationalpark. Auf der Hochebene (Páramo) ändert sich die Landschaft drastisch. Die Bäume sind verschwunden und stattdessen gedeiht hier der Korbblütler Espeletia (auf Spanisch Frailejones), die bei dem tropischen Klima mit ihren wollig behaarten Blättern Wasser aus den Wolken aufnehmen und diese an den Boden abgeben kann.

Während man in den Staaten im Nationalpark mit zahlreichen Informationen versorgt wird, z.B. im Besucherzentrum oder bei ausgeschilderten Rundwegen, gibt es hier nichts dergleichen. Bei allem was wir entdecken, zum Beispiel diese lustig aussehende Pflanze, müssen wir hinterher selbst recherchieren oder uns vor Ort durchfragen.

Der Los Nevados Park ist Heimat des aktiven Vulkans Nevado del Ruiz. Am Eingang vom Park sind wir um kurz vor drei aber schon zu spät, um am gleichen Tag noch zum Vulkan fahren zu können. Durch die hohe Aktivität des Vulkans darf man momentan sowieso nicht alleine dorthin wandern und ehrlich gesagt sind wir alle erleichtert, bei diesem Wetter nicht noch wandern zu müssen. Es ist windig, nass und könnte ungemütlicher kaum sein.

 

 

Was ist noch besser als ein Hot Pool? Genau, ein heißer Fluss, ganz für uns alleine…

Lieber campen wir mit Blick auf den schneebedeckten Vulkan, der aber sowieso im Nebel verschwunden ist. Bei einem kleinen Haus im Hinterhof sind wir schnell umringt von Schafen, Gänsen, Hühnern und einem gepunkteten Schwein.

Auf der OSM-Karte entdecke ich einen Wanderweg, der zu einem heißen Fluss führt. Auf über 4000 m ist es so kühl, dass wir nur allzu gerne nochmal heiß baden wollen. Till bezeichnet uns spaßeshalber immer als „Hot-Spring-Traveler“, da wir bei der Suche nach dem perfekten Bad gerne auch Umwege in Kauf nehmen.

Im Hellen laufen wir die gut 2 km runter ins Tal und finden gleich die passende Stelle, bei der schon mit ein paar Steinen eine Art Becken angelegt wurde. So sitzen wir den ganzen Abend im heißen Fluss, bis der Mond und die Sterne über uns am Himmel auftauchen.

Bei Mondschein laufen wir dann keuchend die 300 Höhenmeter wieder zurück zum Auto. Die Höhe macht uns ganz schön zu schaffen und wir sind froh als wir endlich wieder am Auto sind. Die Standheizung kommt erneut zum Einsatz, sodass wir trotz 3°C Außentemperatur eine warme Nacht haben.

 

Da werden Erinnerungen an Island wach

Die Landschaft hier oben auf über 4000 m ist sagenhaft und erinnert uns sehr an Island. Irgendwo in der Ferne ist meistens ein Wasserfall zu sehen, die Felsen sind schwarz und die Vegetation sehr einseitig. Wir halten immer wieder für einen Fotostopp an, der Wind bläst eisig, aber die vielen Täler sind einfach zu schön. Zu blöd, dass die Wintersachen noch gut verstaut in der Dachkiste sind, sodass wir ohne Handschuhe und Mütze auskommen müssen.

 

Spaß am Rio Claro

Von eisig kalt auf 4000 m fahren wir zu tropisch warm auf 100 m und kommen abends völlig verschwitzt in der Hitze an. Was für eine Umstellung!

Vormittags leihen wir uns bei einem Geschäft Autoreifen aus und lassen uns darauf den Fluss runtertreiben. In den Stromschnellen wird man sogar richtig schnell, ansonsten genießen wir die Aussicht auf den Dschungel, der im satten Grün über den Fluss wuchert aus einer völlig neuen Perspektive.

Eintauchen in absolute Dunkelheit

Nachmittags haben wir uns für die Höhlentour angemeldet. Unser Guide Robinson erklärt uns einiges über das Naturreservat. Früher war es eine unsichere Gegend, denn der Dschungel bietet gute Versteckmöglichkeiten und das Land konnte durch den felsigen Boden nie landwirtschaftlich genutzt werden.

Auf dem Weg zur Höhle sehen wir dann Affen über uns im Baum turnen und auch ein Faultier guckt uns entgegen. Die Höhle selbst übertrifft alle unsere Erwartungen. 400 Meter zieht sie sich durch den Berg und ist Heimat zweier ganz besonderer Lebewesen. Nämlich der Skorpionspinne, einer Kreuzung aus Skorpion und Spinne, die wir gleich hinter dem Eingang auf dem Fels entdecken. Und dem Fettschwalm, einem nachtaktiven Vogel, dazu später mehr.

Mit Schwimmweste und Stirnlampe ausgestattet waten wir zunächst durch knietiefes Wasser, so geht es einige Zeit von Höhle zu Höhle. In einer großen Halle sammelt sich die Gruppe und dann werden alle Lampen ausgeschaltet. Wir erleben einige Minuten in absoluter Dunkelheit. So dunkel, dass man die Hand vor Augen einfach nicht mehr sehen kann. Es ist ein eigenartiges aber berauschendes Gefühl, so hilflos und völlig ohne Kontrolle der Dunkelheit ausgeliefert zu sein.

Die Wände der Höhle sind aus Marmor und sehr gleichmäßig und wellenartig geformt. Im hinteren Teil gibt es tiefe Wasserpools, sodass wir von Becken zu Becken springen müssen. Und dann hören wir die ohrenbetäubenden Geräusche der Vögel der Nacht. Der Fettschwalm orientiert sich innerhalb der Höhle ähnlich wie die Fledermaus durch Echoortung. Er nutzt dabei aber für Menschen hörbare Frequenzen, sodass wir schnell eingenommen werden von den klickenden Lauten dieser Tiere. Hätte Robinson uns nicht darauf vorbereitet, wären wir wahrscheinlich panisch aus der Höhle gerannt bzw. geschwommen. Zur Nahrungssuche fliegt der Fettschwalm nachts nach draußen und frisst mit Vorliebe Palmfrüchte. Um die Vögel nicht zu verwirren dürfen wir sie nicht mit unserer Taschenlampe anleuchten. Im Schatten erkennen wir trotz allem, wie groß die Tiere sind – die Flügelspannweite dürfte locker einen halben Meter betragen.

Die Höhle verlassen wir schließlich über einen Felsvorsprung, wir klettern am Netz runter, schwimmen durch den Fluss und sind wieder im Hellen. Eine sehr beeindruckende Tour!

Lagerfeuer und Zimtschnecken

Abends lassen wir den Tag beim schönen La Pena Camping direkt am Fluss ausklingen. Endlich gibt es mal wieder ein Lagerfeuer und köstliche Zimtschnecken aus dem Dutch Oven. Dazu gibt es als eine meiner neuen Kreationen Tepache, selbst fermentierter Ananassaft, wahlweise mit einem Schuss Rum.

 

Großstadt-Zeit in Bogota

Den letzten Tag zu dritt verbringen wir in der Großstadt. Von unserem Parkplatz aus sind wir schnell nach La Candelaria gelaufen und gehen erstmal gut frühstücken. Während wir uns an Rührei oder Omelette halten, sehen die Tische der Einheimischen ganz anders aus, denn hier wird Fleischbrühe zum Frühstück serviert. Nach unserem Zuckerwasser-Erlebnis sind wir dahingehend doch etwas vorsichtiger geworden.

Wir statten dem Botero Museum einen Besuch ab und bestaunen zahlreiche Bilder und Skulpturen dicker Menschen. Danach beobachten wir einfach nur das Treiben auf der Carrera 7. Von Flohmarkt-Ständen zu Artisten, Tänzern und Sängern zeigt hier jeder was er kann. Einer hat eine virtuelle Realität aufgebaut, ein Frisörstuhl mit Ventilator, der dann an den passenden Stellen im Video umgeschubst wird, wir amüsieren uns köstlich.

Die gemeinsame Zeit ist beinah zu Ende und die letzte Nacht verbringen wir wieder bei dem Hostel Como en Casa, bei der herzlichsten Familie in ganz Bogota. Zum Abschluss gibt es nochmals die leckere Pizza und dann heißt es Abschied nehmen. Vielen Dank für deinen Besuch und die schöne Zeit, liebe Jana!

 

Fazit 10 Tage Rundreise

Normalerweise reisen wir ja in einer Richtung, weswegen es schwierig ist Empfehlungen für Urlaubsreisen zu geben. Da wir diesmal zu dritt unterwegs waren und Start- und Endpunkt jeweils Bogota waren, können wir unsere Route aber durchaus empfehlen.

In 10 Tagen sind wir 1100 km gefahren, was sehr gemütlich zu schaffen ist. Wenn man schneller unterwegs ist, wäre auch ein Abstecher weiter in den Norden über Jardín und Medellín möglich und empfehlenswert. Ansonsten haben wir diese Runde als sehr vielseitig und abwechslungsreich empfunden. Die Region um Salento ist außerdem Teil der berühmten Zona Cafetera, der Kaffeezone. Es gibt hier zahlreiche Kaffeefincas, die auch Führungen rund um Kaffee anbieten. Da wir alle schon anderweitig Kaffeeplantagen besucht hatten, haben wir das diesmal ausgelassen.

Reisezeit: 12.07.18 – 22.07.18

Route Teil IV

 

Route: Bogota – Salento – Valle de Cocora – Los Nevados Nationalpark – Rio Claro – Bogota

3 Antworten auf “Kolumbien IV – von Wachspalmen und heißen Quellen im Los Nevados Nationalpark”

  1. Ihr Lieben,
    nun seid Ihr auf den Tag genau nach zwei Jahren und vier Monaten wieder in Eurer Heimat , zu unserer großen Freude, gesund und glücklich angekommen.
    Wir erfahren über Eure Blogs im Nachhinein noch von Euren letzten Abenteuern und interessante Reisedetails.
    Ein chinesisches Sprichwort sagt:“ Schildkröten können
    mehr vom Weg erzählen als Hasen.“
    Ich finde, das ist für Eure großartige Reise der passendste Spruch, denn Ihr habt von Beginn an großen Wert darauf gelegt, Land und Leute kennenzulernen und Euch abseits der Touristenpfade
    Euren Weg zu bahnen.
    Chapeau Ihr beiden ……..und nochmal welcome home.
    Wir genießen Euer hier sein …….wohlwissend, dass es
    Euch nach getaner Arbeit wieder in die Ferne ziehen wird.

    Antworten

    1. Liebe Barbara,
      mittlerweile sind wir tatsächlich auch mit allen Sinnen in der Heimat angekommen und können uns immer mehr über zu Hause freuen!
      Wir sind nach wie vor sehr froh, unserem „Schildkröten-Instinkt“ während der Reise gefolgt zu sein und haben die an uns vorbeiziehenden Hasen einfach ignoriert 😉
      Egal wo es uns in ferner Zukunft hinziehen wird, unsere Heimat wird immer unsere Heimat bleiben, auch das hat uns die Reise gelehrt.

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  2. Hallo, ich hätte eine Frage..Seid ihr einfach in den Nationalpark rein gegangen? Muss man keinen Guide buchen? Und wenn Nein, über welche Straße bzw. Eingang seid ihr rein gefahren? Im Internet findet man nur das man einen buchen muss. Würde mich auf eine Antwort freuen. Vielen Dank

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