Québec – das etwas andere Kanada
Kurz und knapp. Von Labrador City aus starten wir in Fermont mit dem Besuch eines Eisenerztagebaues und lassen uns von übergroßen Maschinen beeindrucken. Mit der Fähre geht es auf die Gaspé-Halbinsel, für einen zweiten Eindruck von Québec. Weiter gen Westen testen wir die französisch angehauchte Küche in Québec City.
Reisezeit: 18.8.16 – 26.8.16
Gefahrene Kilometer: 2190 km
Blanc Sablon – Baie Comeau – Matane – Forillon Nationalpark – Québec City
Große Maschinen erleben wir bei unserer Führung im Eisenerztagebau. Nur 20 km hinter Labrador City beginnt die Provinz Québec, mal wieder wird die Zeit umgestellt, diesmal auf Eastern Time, also eine Stunde zurück. Nahe der „Stadt“ Fermont liegt Mont Wright, einer der größten aktiven Eisenerztagebau-Gebiete der Welt. Zweimal wöchentlich werden Führungen angeboten und wir haben Glück, direkt am nächsten Tag dürfen wir mit. Eigentlich sind die Führungen ausschließlich auf französisch, aber wir ergattern einen zweisprachigen Führer. Mit Warnweste, Helm und Schutzbrille ausgestattet fahren wir mit dem gelben Schulbus ins Abbaugebiet und erfahren mehr über die einzelnen Stationen:
In der Grube werden die Muldenkipper beladen und das Rohmaterial zu einem Zerkleinerer transportiert. Dank dichtem Nebel sehen wir davon Nichts. In einer Spirale werden Verunreinigungen wie Silizium ausgespült (das schwerere Eisenerz sammelt sich in der Mitte) und das gereinigte Eisenerz per Zug abtransportiert. Für den Transport werden RIESIGE Muldenkipper eingesetzt. Die gibt es als kleine, 200 Tonnen Variante, oder als 400 Tonnen Koloss. Beim Anschaffen der Geräte musste erstmal eine neue Halle für Wartung und Reparatur gebaut werden, da die Maschinen nicht mehr in die alte Halle passten. Sind wir zuerst mächtig beeindruckt von der Größe dieser Fahrzeuge (dagegen sieht sogar das Hottahü wie ein Spielzeug aus!), gewöhnt man sich schnell an den Anblick. In dem Abbaugebiet sind die Verhältnisse so passend, dass man gar nicht merkt, wie überdimensioniert alles ist. Die Fakten lassen uns dennoch staunen: 8000 Liter Sprit pro Tag (pro Fahrzeug!), 35000 Dollar pro Reifen! Sprit und Reifen führen damit die Liste der höchsten Ausgaben an. Trotz der Abgeschiedenheit ist das Arbeitsangebot attraktiv, 100.000 Dollar pro Jahr sind die Regel auch für ungelernte Arbeiter drin. Komplettiert wird das Angebot durch sogenannte Fly-In-Fly-Out Möglichkeiten, 14 Tage arbeiten, 14 Tage frei.
Erste Eindrücke von Québec. Québec hat den größten frankophonen Anteil der Bevölkerung in Kanada und grenzt sich somit durch Sprache und Kultur vom Rest Kanadas ab. Nachdem wir im Vorfeld viel von den Eigenheiten der Quebecer gehört haben, dürfen wir es nun selbst erleben. Unseren ersten Eindruck bekommen wir in Blanc Sablon, da die Fähre von Neufundland nach Labrador eigentlich in Québec anlegt. Bisher waren alle Schilder zweisprachig, nicht so hier. Schnell wird uns klar, dass viele Dinge in der Provinz Québec anders sind. Unsere Lieblings-Supermärkte wie Sobeys oder Atlantic Superstore gibt es hier freilich nicht, dafür gibt es im Coop neben einer großen Käseauswahl auch das obligatorische Weinregal. Im Gegensatz zu den bisherigen Provinzen dürfen alkoholische Getränke auch im Supermarkt angeboten werden. Die Autos sind kleiner und europäischer und statt Pick-Ups sehen wir Kleinwagen. Waren wir bisher vom entspannten Fahrstil der Kanadier überzeugt, wird uns hier dicht aufgefahren und gedankenlos überholt, mehr als einmal beobachten wir wie Einheimische wild gestikulierend an uns vorbeifahren. Im Besucherzentrum müssen wir feststellen, dass eine Landkarte für die Provinz Québec 5 Dollar kosten soll, eigentlich erschwinglich, jedoch gab es eine ebensolche Karte bisher immer kostenlos.
Route 389 Richtung Süden. Von Fermont aus sind es weitere 570 km bis zur nächsten Stadt, Baie Comeau. Die Straße ist hier deutlich anspruchsvoller als auf der Seite von Labrador, von Schlaglöchern durchzogen und durch ein stetiges bergauf und bergab gezeichnet. Wir sind froh, als wir das Ende der Straße erreichen. Unterwegs kommen wir an einer alten und verlassenen Mine, Gagnon vorbei. Auch wenn von den Wohnhäusern nichts mehr zu sehen ist, bleiben doch aufgeschüttete Hügel der Mine und zurückgelassener Müll übrig. Wir machen uns den Spaß und erkunden einige der zugewachsenen Wege, finden den alten Bahnhof und lassen das Hottahü im Sand spielen. Auf dem weiteren Weg kommen wir an den großen Wasserkraftwerken Maniac 5 und 7 vorbei, auch auf der Seite Québecs gibt es diese Riesenprojekte.
In Baie Comeau gibt es alles was man braucht, ebenfalls mit europäischem Charakter. Am Hafen gibt es sogar einen Kiosk mit Eis, den man auch in Deutschland hätte finden können. Wirklichen Charme hat es nicht. Deswegen ist es auch nicht schlimm, dass unsere Fähre am gleichen Abend auf die gegenüberliegende Seite des St. Lorenz Stroms, nach Matane auf die Halbinsel Gaspé fährt. Selten haben wir so eine moderne Fähre erlebt. Vor allem waren wir überrascht von dem Angebot des Restaurants, es gab ganz normales Essen, Nudeln und Lasagne. Bisher hat sich das Angebot ausschließlich auf Pommes und Burger beschränkt! Überrascht waren wir auch, als wir mit halbem Ohr die Durchsage hörten, die zum Zahlen des Tickets auf der Fähre aufgefordert hat. Wir hatten online reserviert und gingen davon aus, dass der Betrag einfach von der Kreditkarte abgebucht wird. Gerade noch rechtzeitig haben wir dann auf der Fähre gezahlt, sonst hätten wir beim Verlassen der Fähre wohl ein Problem gehabt.
Gaspé-Halbinsel. In Matane kommen wir spät an und entscheiden uns für den Walmart-Parkplatz gegenüber der Fähre. Hier gibt es sogar ein Stück Wiese und es ist der bisher schönste Walmart. Am nächsten Tag freuen wir uns beim Tanken über die sehr günstigen Spritpreise (umgerechnet 60 Cent), kaufen beim lokalen Fischgeschäft frische Garnelen und fahren am St. Lorenz Strom entlang nach Osten. Die Landschaft ist zwar hübsch, aber es reiht sich Campingplatz an Campingplatz und wir sind offensichtlich mitten in die Ferienregion Québecs geraten. Als wir neugierig das größte Vertikalwindrad der Welt in Cap-Chat besuchen wollen, werden wir von einer unfreundlichen Frau belehrt, dass es privat wäre und man nur mit gebuchter Führung (nur Französich) Zugang hätten. Nichts wie weg.
Auch wenn die Hauptsaison quasi vorbei ist, ist es für unsere Verhältnisse zu voll und wir flüchten uns in den Forillon Nationalpark. Der liegt an der äußersten Spitze der Halbinsel, ist relativ klein, aber gefällt uns ganz gut. Die Wanderungen sind hier eher Spaziergänge auf breit angelegten Wegen, die Wanderung zum Cape Gaspé gefällt uns trotzdem gut. Hier befindet sich auch das Ende des internationalen Appalachen-Trails, mehr als 3000 km an der Ostküste Nordamerikas (vielleicht unser nächstes Projekt?!). Nachdem wir dann von Regenfällen und Gewitter überrascht werden und tropfnass am Auto ankommen, beschließen wir, die Halbinsel hinter uns zu lassen. Deshalb lassen wir auch den Park de la Gaspésie, der sehr schön sein soll, erstmal aus und fahren weiter nach Québec City.
Québec City. Wir erreichen die Stadt von der Lévis Seite aus und beschließen, per Fähre nach Québec City zu fahren. An der Fährstation gibt es einen Tagesparkplatz, auf dem man 12 h für 8 Dollar parken kann. Kein Schnäppchen, aber hier ist das Auto wenigstens sicher abgestellt. Eine einfache Fährfahrt kostet 3,60 Dollar und man kommt in 10 Minuten bis in die Innenstadt. Hier schlendern wir durch die Altstadt, stöbern in den Einkaufsstraßen und finden den obligatorischen Crêpe-Stand, mmh! Abends gibt es eine Show am Hafen, die uns im Besucherzentrum empfohlen wurde. Den Rat rechtzeitig dort zu sein haben wir nur halbherzig befolgt, weshalb wir am Ende der 200 m langen Schlange stehen. Unsere Plätze sind trotzdem ok und wir genießen die Artisten-Show in vollen Zügen.
Unser Aufenthalt in Québec war kurz, aber schön. Die Quebecer sind anders als der Rest Kanadas; uns hat besonders das Lebensmittelangebot gefallen. Fromagerien, Crêpe und überall gibt es lokale Produkte. Ein Highlight war definitiv die Führung im Eisenerztagebau (Till) und europäischer Charme in Québec City (Katrin). Den Umweg über die Gaspé-Halbinsel würden wir wohl nicht mehr machen, sondern stattdessen lieber mehr Zeit an der Nordküste des Sankt-Lorenz-Stroms verbringen.