Saskatchewan-Alberta – vom klappernden Motor und Geschöpfen der Urzeit

Von der endlosen Prärie kommen wir schließlich nach Alberta, wo ein Highlight auf uns wartet, denn hier befinden sich die sogenannten Badlands – die Hügel sehen heute aus wie eine Mondlandschaft, waren aber einst Heimat von Dinosauriern! Es gab hier zahlreiche Dinosaurierfunde und entsprechend gibt es hier den Dinosaur Provincial Park und das Royal Tyrrell Museum auf das wir ganz gespannt sind…

Saskatchewan

Pläne. Wir kommen aus Manitoba und wollen in Saskatchewan den Grassland Nationalpark besuchen, hier soll die echte Prärie und Klapperschlangen zu finden sein. Natürlich kommt alles anders.

Nordlichter. Landschaftlich unterscheidet sich Saskatchewan nicht wirklich von Manitoba, erneut Straßen im Schachbrettmuster, wir fahren kilometerlang gen Westen durch Felder und nochmals Felder. Die erste Nacht verbringen wir deshalb am Ende der Straße auf, was auch sonst, einem Feld. Gleich neben unserem Platz werden wir von einem Elch überrascht. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit sehen wir dann unsere ersten Polarlichter. Ganz unscheinbar grün, wie ein Regenbogen am Horizont. Natürlich gehen wir sofort raus um ein Bild zu machen. Es ist stockfinster und ohnehin etwas gruselig, da hören wir plötzlich ganz nah hinter dem Auto einen Kojoten heulen. In Nullkommanichts sind wir wieder im Auto verschwunden, ein Bild muss reichen, denn da wollen wir nicht mehr raus. Von drinnen ist das Geheul nicht so beängstigend und gucken können wir auch in Ruhe. In der Morgendämmerung werden wir dann von dumpfen Schüssen geweckt. Offensichtlich haben wir uns mitten in ein Jagdgebiet gestellt.

Kanada und die Jagd. Jagen ist neben Angeln Volkssport Nummer 1 und die Jagdsaison hat gerade angefangen. Im Baumarkt gibt es mindestens 20 Regale mit Gewehren, Luftpistolen, Tarnkleidung und Ähnlichem. Gejagt werden kann so ziemlich alles. Vögel, Gänse, Wild, Elche und Bären. Passend dazu werden Accessoires wie Duftstäbchen mit Honigduft angeboten um Letztere anzulocken. Ein Kanadier erzählt stolz, dass er am Wochenende Vögel jagen geht und sie die Tiere noch an Ort und Stelle verarbeiten und essen. Wir müssen in diesem Moment wohl etwas irritiert geguckt haben, weil er gleich mehrfach betont hat, wie normal das hier sei. Auch der Jagdtourismus boomt, speziell für die Gänsejagd kommen sehr viele US-Amerikaner angereist. Eine Jagderlaubnis bekommt man wohl relativ einfach und kostet nicht viel.

Klappern und Planänderung. Seit Thunder Bay in Ontario hören wir ein Klappern im Motor. Auch Aussetzer beim Gas geben kommen vor, gefühlt wurden diese mit der Zeit schlimmer. Wir gehen auf Fehlersuche und testen alles Mögliche. Wir entlüften das System, tauschen den Spritfilter, tanken mit, ohne oder mit besonders viel Spritzusätzen, aber wir finden nicht raus warum es klappert. Bevor wir abgelegene Strecken fahren, wollen wir sichergehen und eine Werkstatt aufsuchen. Deshalb planen wir um und vereinbaren einen Termin bei 4WheelAuto in Edmonton. Die Werkstatt soll sich als eine von wenigen Werkstätten mit Toyota Dieselmotoren auskennen.

Nach einem langen Fahrtag verlassen wir die Provinz Saskatchewan bereits wieder. Wir kommen morgens in Edmonton an und der Mechaniker hat direkt Zeit für uns. Es wird eine einstündige Probefahrt gemacht, der Mechaniker nimmt sich viel Zeit, erklärt alles und wirkt kompetent. Das Klappern hört er auch, aber versichert uns, dass das ganz normal sei und vom „schlechten kanadischen Diesel“ kommt. Der Cetanwert liegt in Kanada nämlich deutlich niedriger und damit ist die Schmierung des Motors nicht ideal. Trotz der Zusätze, die wir von Anfang an verwendet haben ist das Klappern erst nach 10.000 km aufgetreten. Der Mechaniker vermutet, dass es an der Umstellung von Sommer- auf Wintersprit liegen könnte. Die gute Nachricht: wir können weiterfahren wie gehabt. Einen Spritzusatz hat uns die Werkstatt trotzdem verkauft/aufgeschwatzt, wir hoffen er hilft. So oder so sollte sich das Problem in den USA erledigt haben. Wir sind beruhigt und trauen uns auch mit gutem Gefühl wieder in abgelegene Gegenden. Immerhin hat der Mechaniker den Gesamtzustand des Hottahüs gelobt. Wir hoffen, es bleibt so.

Tankdeckel. Blöderweise haben wir beim Experimentieren und mehrmaligem Tanken unseren Tankdeckel liegen lassen. Bemerkt haben wir das erst Tage und Kilometer später, seitdem ist der Tank mit Panzerband abgedichtet. In Calgary haben wir einen Tag lang alle Autohändler, Wohnwagenshops und Marineläden abgeklappert, ohne Ergebnis, der Deckel ist hier nicht zu bekommen, so was Blödes!

Alberta

In Edmonton wollen wir nicht verweilen. Schon am Ortsrand fällt der Geruch der zahlreichen Raffinerien auf, es qualmt und stinkt so sehr, dass wir direkt das Weite suchen. Uns zieht es in die Drumheller Region zu den sogenannten Badlands in Alberta. Hier wurde ehemals Kohle abgebaut, berühmt wurde Drumheller allerdings durch die zahlreichen Dinosaurier Funde. Das wollen wir natürlich sehen!

Spazieren in der Mondlandschaft. Im Dinosaur Provincial Park ist der Name Programm. Die Landschaft ist einmalig und wie von einer anderen Welt sind rillendurchzogenen Sandhügel anzuschauen. Vor 75 Millionen sah es hier anders aus, Wald, Flüsse und Farne gab es. Es herrschte ein warmes und feuchtes Klima, idealer Lebensraum für die Reptilien von damals. Durch Sedimentablagerungen und Druck entstanden nach und nach die Felsformationen von heute. Erst vor 14.000 Jahren kam das weiche Gestein durch Erosion während er Eiszeit wieder an die Oberfläche. Die unterschiedlichen Farben zeigen wieviel Sand, Lehm und Eisen enthalten ist. Die Rillen in den Sandsteinformationen entstehen durch ablaufendes Regenwasser.

1884 entdeckte Joseph Burr Tyrrell das erste Skelett eines Albertosaurus im Red Deer River Valley, ein Dinosaurier-Rausch folgte von 1910 bis 1917. Bei der Erstentdeckung von Fossilien wurde der Wert zunächst nicht erkannt und die USA hat die ersten Jahre fleißig Ausgrabungen durchgeführt und die Fundstücke nach New York transportiert.

In den Badlands wurden unter anderem Knochenlager von Centrosaurus (Pflanzenfresser, dreihörnig) gefunden mit über 200 Knochen pro m2. Eine Theorie geht von plötzlichen Überschwemmungen aus, die mehrere hundert Tiere ertrinken ließen. Ein Festmahl für fleischfressende Albertosaurier, deren Zähne immerhin 6% der gefundenen Knochen ausmachen. Aus solchen Massenfundorten hat sich wohl auch folgender Spruch abgeleitet:

„Wenn Sie Ihren Hut in die Luft werfen und er nicht mehr als fünf Meter von einem Dinosaurierknochen entfernt herunterkommt, befinden Sie sich nicht im Dinosaur Provincial Park.“

Einige Skelette haben ihren Fundort nie verlassen, so auch das Skelett eines Corythosaurus, ein pflanzenfressender Dinosaurier mit hoher Schädeldecke. Ein Ranger hatte es von zwei Seiten aus einem Sandstein rausgucken sehen. Da der Schädel fehlt, hat wohl die Mühe des Abtransportierens nicht gelohnt, es lagert noch immer neben der Fundstelle, und ein Haus wurde drum herum gebaut. Beeindruckend ist die Lücke im Sandstein, aus dem es rausgelöst wurde, nur ein Stock markiert die Fundstelle. Wer weiß, wie viele Skelette noch auf eine Entdeckung warten, Sandsteine dieser Art gibt es hier jedenfalls noch genug. In einigen Teilen finden noch immer Ausgrabungen statt. Wir lernen auch ein Test kennen, mit dem man überprüfen kann, ob es sich um Knochen handelt. Ein Finger wird abgeleckt und auf das Objekt gedrückt, wenn er kurz kleben bleibt handelt es sich um einen Knochen. Haben wir getestet und es funktioniert, die Knochen durften wir leider nicht behalten.

Der Besuch hat uns sehr gut gefallen. Den Campingplatz sollte man aber auf jeden Fall vorbuchen, kostenlose Alternativen haben wir hier auch nicht gefunden (außer einem Parkplatz mit Verbotsschild). Wir hatten natürlich keine Reservierung und konnten abends vor Ort nicht einchecken, dafür haben wir uns die Reservierungsgebühr gespart. In viele Teile des Parks kommt man ausschließlich mit einer Tour, auch hier sollte man dringend vorbuchen, Mitte September muss man Glück haben, um für den gleichen Tag noch einen Platz zu ergattern.

Royal Tyrrell Museum. Das Thema Dinosaurier wird von ganz Drumheller aufgegriffen und vor dem Besucherzentrum steht der „weltgrößte Dinosaurier“, mit Aussichtsplattform. Noch mehr Informationen über Dinosaurier und die Badlands gibt es im Royal Tyrrell Museum, in dem wir Originalfunde aus der Region bewundern. Der Besuch ist kurzweilig und oft gibt es kurze Videos in denen die Entstehung von Fossilien anschaulich erklärt wird. Auch kann man bei der Präparation der Skelette zuschauen, ein Techniker arbeitet seit 2,5 Jahren an einem einzigen Skelett und wird voraussichtlich noch 1,5 Jahre brauchen. So viel Geduld muss man erstmal haben…

Drumheller und die Badlands. Wir verbringen noch zwei Tage in den Badlands, erkunden den 48 km langen Dinosaur Trail und statten dem Horsethief Canyon und dem Horseshow Canyon einen Besuch ab. Vor allem Letzterer eignet sich auch als Übernachtungsplatz und zum Wandern. Das Markenzeichen der Region sind die vom Wind geformten Hoodoos, Sandsteinsäulen mit einer pilzartigen Haube, meist eisenhaltig. Ihren eigentümlichen Namen erhielten die Badlands von den ersten Trappern die hier auf ihrer Handelsroute durchreisen mussten. Ohne Wasser, Unterstand und Nahrungsangebot sicherlich ein schwieriges Unterfangen.

Kohleminen. Das Gebiet um Drumheller war außerdem bekannt für zahlreiche Kohletagebauten. Nur zwei der ursprünglich 139 Minen sind noch erhalten, die Atlas Coal Mine hat 1979 die letzte Kohle gefördert und wurde als Museum und historische Stätte erhalten. Die mühsame Förderung von Kohle war nach Entdeckung der Ölvorkommen in Alberta überflüssig geworden. Das Leben als Minenarbeiter war hart, erst am Morgen haben die Arbeiter erfahren, ob sie am Tag arbeiten können oder nicht. Im Sommer stand die Mine still und es wurde auf harte Winter gehofft. Unter Tage gab es Ponys, die nur im Sommer ans Tageslicht durften und sonst das ganze Jahr im Dunkeln waren. Große Probleme war die Beleuchtung, da oft brennbare Gase in den Stollen vorkamen, die sich durch Funken entzünden konnten. Die Erfindung von batteriebetriebenen Lampen war eine enorme Erleichterung. Die Kohlen wurden in einer Art Turm gelagert und nach Größen vorsortiert. Die Waggons der Bahn konnten direkt unterhalb gestoppt und beladen werden. Nach Schließung der Minen sind viele Städte zu Geisterstädten geworden, so auch Wayne, ehemals 2400 Einwohner, heute nur noch 28. Der Last Chance Saloon mit Gästehaus ist weiterhin Treffpunkt von Jung und Alt sowie eine Touristenattraktion. Auch wir testen den Burger, dürfen uns ins Gästebuch eintragen und es wird stolz von echten Einschusslöchern über dem Klavier berichtet, die entstanden sind, als ein Gast nicht zahlen wollte.

Öl und Gas. Seit im Jahr 1914 das erste Erdöl entdeckt wurde, ist auch der Reichtum Albertas stetig gewachsen. In den 70er Jahren erfuhr die Ölindustrie zudem einen Entwicklungsschub und mehr als 400 Ölfirmen ließen Calgary zu einem der großen Energiezentren werden. Überall auf den Feldern sieht man kleine Ölpumpen und Erdgas-Förderanlagen. Große Raffinerien sind in Edmonton kaum zu übersehen.

Insgesamt haben uns die Badlands sehr gefallen und beeindruckt. Die Landschaft ist einzigartig und es macht Spaß immer wieder neue Formationen zu entdecken. Kein Wunder, dass die Region als UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Außerdem sind wir endlich mal wieder zum Backen gekommen, unser erster Käsekuchen wurde im Dutch Oven gebacken. Da es hier keinen Quark gibt, mussten wir die Füllung mit Frischkäse und saurer Sahne improvisieren, das hat auch gut funktioniert. Die Backzeit ist deutlich länger als im normalen Ofen, wir haben fast 2 h gebacken. Auch unsere Sauerteigbrötchen sind wieder lecker geworden. Teilen konnten wir mit einem kanadisch-deutschen Pärchen auf dem Campingplatz, am nächsten Tag war alles wieder leer 😀

Was uns in Calgary und den Rocky Mountains erwartet, erfahrt ihr im nächsten Bericht…

Reisezeit Saskatchewan: 27.9.16 – 29.9.16, 1025 km
Reisezeit Alberta: 29.9.16 – 7.10.16, 1407 km

Saskatoon – Edmonton – Drumheller – Dinosaur Provincial Park – Badlands

 

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