USA VI – ein Lotteriegewinn und seine Folgen

Über Arizona fahren wir zurück nach Utah, denn hier gibt es einfach unglaublich viel zu sehen und außerdem wollen wir unser Glück bei der Lotterie für die Welle versuchen. Unterwegs kommen wir an unserem ersten Slot-Canyon vorbei, ein schmaler Canyon, bei dem man unten im Spalt entlanglaufen kann. Ganz nah kommen wir am Grand Canyon vorbei, doch der muss noch auf unseren Besuch warten. Pünktlich zum Sonnenuntergang kommen wir an den Horse Shoe Bend Aussichtspunkt mit 270° View auf den Colorado River. Der starke böenartige Wind hält uns aber davon ab, allzu nah an den Rand des Canyons zu gehen, die Aussicht ist trotzdem sagenhaft.

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Walk-In-Lotterie in Kanab, was tut man nicht alles, um zu den Auserwählten zu gehören?

Im Dunkeln fahren wir noch bis kurz vor Kanab, die Sturmwarnung war nicht übertrieben und das Dach muss heute zugeklappt bleiben. Am nächsten Tag um 8.30 stehen wir pünktlich im Visitor Centre und nehmen an der Lotterie für den Coyote Butte North teil. Wozu? Eine ganz besondere Sandstein-Formation, genannt die Welle, soll vor zu großen Besucherströmen geschützt werden, deshalb wird pro Tag nur 20 Besuchern der Besuch gestattet. Natürlich ist die Nachfrage deutlich größer, deshalb gibt es zum einen eine Online-Lotterie, bei der 4 Monate im Voraus 10 Besucher ausgelost werden. Hier nehmen manchmal über 3000 Bewerber pro Monat teil, die Chancen zu gewinnen sind entsprechend gering. Die anderen 10 Besucher werden in der sogenannten Walk-In-Lotterie vergeben, man füllt einen Zettel aus, bekommt eine Nummer zugewiesen und dann entscheidet die Lostrommel. Der Mitarbeiter hat sichtlich Spaß an dem Prozedere und man merkt, dass er schon genug Zeit hatte, um seine Show zu perfektionieren. Anfang März zählen wir ca. 60 Leute, da stehen die Chancen also gar nicht so schlecht. Wie es aber so ist mit dem Glücksspiel, gehen wir heute leider leer aus. Nicht schlimm, denn so haben wir Zeit erstmal zwei Tage im Grand-Staircase Escalante National Monument, kurz GSENM zu verschwinden.

GSENM – oder Park ohne Grenzen

Der Park mit dem langen schwierigen Namen ist riesig und anders als in den Nationalparks gibt es hier keine ausgewiesenen Attraktionen mit angelegten und markierten Wegen samt Zeit- und Kilometerangaben. Hier muss man wissen, wohin man will und was man tut. Alle Straßen sind unasphaltiert, die Regenfälle, die hier bis vor einigen Tagen gewütet haben, haben die Straßen aufgeschwemmt und unbefahrbar gemacht. Unser Glück, dass mittlerweile das Meiste getrocknet ist und wir mit Bodenfreiheit um die übriggebliebenen tiefen Spurrinnen manövrieren können. So fahren wir die Skutumpah Road hoch bis Cannonville, hier wollten wir uns nach den weiteren Bedingungen erkundigen, doch leider ist das Besucherzentrum noch geschlossen, immerhin hängt ein Schild mit den aktuellen Straßenbedingungen aus – aber moment mal, das Datum zeigt Anfang Dezember, diese Information hilft uns nun gar nichts. Also gucken wir uns die Bedingung der „nicht empfohlenen“ Cottonwood Canyon Road selbst an und stellen beruhigt fest, dass alles schon getrocknet und einwandfrei befahrbar ist. So erleben wir zwei warme, wanderreiche Tage, denn an den Wanderparkplätzen darf sogar gecampt werden. Wie immer braucht man hierzu einen Permit, den man an einer Selbst-Registrierung gratis bekommt. Die Wanderwege sind zwar nicht markiert, aber mit etwas Kreativität meist gut zu finden. Wir laufen durch enge Canyons, sehen Canyons von oben und spielen Frösche hüpfen auf schnell improvisierten Brücken im noch nicht ausgetrockneten Flussbett. Auch an einem schönen Felsbogen, dem Governor Arch führt uns der Weg vorbei. Es gibt noch so viel mehr zu entdecken, aber es zieht uns zurück nach Kanab, denn wir wollen unser Glück in der Wave-Lotterie noch einmal unter Beweis stellen.

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Glück muss man haben

Wieder stehen wir mit all den anderen Leuten im viel zu kleinen Lotterieraum. Der Zettel ist schnell ausgefüllt, ich stelle mich in die Reihe und schätze ab, dass wir Nummer 13 sein werden – meine Glückszahl. Doch da wird ein Mann vom Vortag noch in die Reihe geschoben und wir bekommen die Nummer 14, Mist. Als die Ziehung beginnt wird natürlich direkt als erstes die Nummer 13 gezogen (hab ich ja gewusst, ist halt eine Glückszahl!). Wir schließen innerlich schon mit dem Wave-Kapitel ab, da wird doch tatsächlich die 14 gezogen – unglaublich, wir haben gewonnen! Es folgt eine Belehrung über die Gefahren der Wildnis, kein Wasser, kein Schatten, kein GPS, kein Handyempfang und der Weg ist auch nicht markiert. Eine bebilderte Karte bekommen wir auch noch, jeder Wegpunkt ist hier markiert und beschrieben, sowohl für den Hin-, als auch für den Rückweg. Worauf haben wir uns da nur eingelassen?

Wir verbringen die Nacht noch einmal in Kanab. Am Kanab Creek finden wir einen schönen Platz an dem wir zum ersten Mal unsere selbstgebastelte Outdoor-Dusche ausprobieren. Die funktioniert erstaunlich gut, allerdings ist das Wasser noch recht kalt und wir müssen die Zähne zusammenbeißen und das alles, um ein paar Dollar zu sparen. Zur Belohnung wird schließlich der Dutch Oven ausgepackt es gibt Gulasch vom Feinsten, tja, man muss eben Prioritäten setzen.

Noch einmal stehen wir am nächsten Tag im Besucherzentrum und stellen uns für einen Permit für Coyote Butte South an, ein angrenzendes Gebiet an die Welle. Es soll zwar nicht ganz so spektakulär sein, dafür gibt es keine Lotterie, denn nur 2 Leute wollen einen Permit, obwohl auch hier 10 vergeben werden vergeben. Mit beiden Permits gerüstet fahren wir also los, sodass wir direkt zwei Tage in der Coyote Buttes Wilderness Area bleiben können.

Surfen in der Welle

Nach den Warnhinweisen sind wir auf das Schlimmste vorbereitet und starten am Vormittag die insgesamt 9 km Wanderung zur Welle im Gebiet des Paria Canyon. Anfangs schauen wir uns immer wieder bedacht um, aber eigentlich ist alles halb so wild und wir finden den Weg auf Anhieb. Auf den Felsen sind allerdings tatsächlich keine ausgetretenen Wege erkennbar, auch Markierungen gibt es kaum, sodass die bebilderte Karte gar nicht schlecht ist.

Und dann stehen wir plötzlich mittendrin. Erodierter Sandstein in seiner schönsten Form. Geformt von Wind und Wasser leuchtet sie uns in Orange und Rottönen entgegen. Zwar ist sie nur 36 Meter lang und doch durchlaufen wir die Welle von allen Seiten und finden immer wieder neue, noch schönere Formationen, Farbverläufe und Bildmotive. Den Hype um diese Naturschönheit verstehen wir jetzt sehr gut, aber auch die restriktive Permit-Vergabe, denn der Sandstein ist unglaublich fragil. Die mitgebrachten Brote sind schnell in einer schattigen Ecke gegessen, aber wir verbringen noch eine ganze Weile hier, erkunden die Umgebung und versuchen das einmalige Erlebnis auszukosten.

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Den Weg zurück finden wir problemlos, sodass wir recht früh zum Stateline Campground an der Utah/Arizona-Grenze ankommen, campen ist auch hier natürlich kostenlos. Wir ergattern den vorletzten Platz und nutzen die Feuerstelle, um endlich mal wieder Brötchen zu backen. Die Nachbarn gucken ganz neidisch und auch ein anderer Reisender zeigt sich sehr interessiert an unseren Backkünsten, ohne Kühlschrank gibt es bei ihm meist nur Fertignudelgerichte und Dosen. Das wir jeden Tag selbst kochen (und sogar backen) kann er nicht so richtig verstehen.

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Teepees und noch mehr wohlgeformter Sandstein auf dem Paria Plateau

Den nächsten Tag verbringen wir ebenfalls auf dem Paria Plateau, diesmal in der Coyote South Butte Region. Der Abschnitt ist nur mit einem 4×4 Fahrzeug erreichbar, denn die Straßen führen teilweise durch tiefen Sand, das ist wohl ein Grund für die geringere Nachfrage der südlichen Region. Die Farben und Formationen lassen uns auch hier den Mund offenstehen, nicht nur ein Highlight wie bei der Welle, sondern nach und nach entdecken wir das Paw Hole und Teepees auf unserem Weg. Wir begegnen den ganzen Tag über fast niemandem und lassen uns in dem Gebiet ohne festen Weg einfach treiben. Gegen Mittag wird die Sonne fast unerträglich, kein Wölkchen und Schatten weit und breit. Für eine Erholung kauern wir uns ganz dicht an den Felsen, um der Kraft der Sonne wenigstens für einen kurzen Moment zu entfliehen.

Über eine „nicht-empfohlene“ Piste im tiefen Sand kürzen wir den Weg vom Paw Hole Zugangspunkt zu White Pocket ab. In den letzten Tagen haben Bekanntschaften immer wieder davon erzählt, deswegen fahren auch wir kurzerhand dorthin. Das Massiv, das sich aus der Wüste erhebt, sehen wir schon von weitem. Eine Wabenstruktur in weiß, darunter rotes Gestein in Wellenform, neben der Welle finden wir hier einen unserer Lieblingsspots. Auch ein französisches Paar mit Iveco-Truck lernen wir hier kennen, die beiden sind schon seit Jahren unterwegs und bereits den ganzen Weg von Südamerika hierhergefahren. Wir tauschen die Kontaktdaten und bekommen auch gleich einige Tipps für die Weiterreise und sind überrascht, dass ausnahmsweise mal wir diejenigen sind, die schnell unterwegs sind.

In der Abenddämmerung erkunden wir dann noch die Teepees vom Zugangspunkt Cottonwood Cove. Gerne hätten wir hier noch mehr Zeit verbracht, aber es dämmert bereits und wir wollen den Weg im Hellen zurücklaufen. Es braucht schon einen guten Orientierungssinn um nach mehrfachem Richtungswechsel und unaufmerksamen Abstechern auf diesen oder jenen Felsen wieder die richtige Richtung zu finden. Als kleine Hilfe setzen wir mit dem GPS im Handy eine Markierung, und lassen den gelaufenen Weg aufzeichnen. Zwar greifen wir im Nachhinein selten darauf zurück, aber sicher ist sicher.

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Am nächsten Tag wollen wir noch den Bulkskin Gulch, einen Slot Canyon angucken. Blöd nur, dass unsere Wasservorräte zur Neige gehen. Mit Spülverbot haben wir noch 4 Liter Wasser für die Wanderung übrig, das ist zwar wenig, aber der Weg führt direkt in den Canyon und hier herrscht durch die hohen Wände zu beiden Seiten ewiger Schatten. Statt Wasser zu trinken ziehen wir unsere Pullover an, die wir bei 25°C Sonnenschein erst gar nicht mitnehmen wollten. An einer Stelle müssen wir eine 2 Meter-Kante überwinden, an mehreren Stellen waten wir durch kniehohes (und eisiges) Wasser, aber es lohnt sich, Wanderungen im Canyon haben einfach einen ganz besonderen Charme. Froh sind wir trotzdem, als wir die Sonne wieder erblicken und noch beruhigter, als alle Wasserkanister wieder bis zum Rand gefüllt sind.

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Szenenwechsel

Nach wunderbaren Tagen im Grand-Staircase Escalante National Monument und den Coyote Buttes freuen wir uns auf Las Vegas. Zwar muss der berühmte Strip vorerst noch ohne uns auskommen, aber wir nutzen die Infrastruktur der Stadt und arbeiten Erledigungen von unserer Liste ab, nehmen Pakete bei der eigenen Amazon-Paket-Station in Empfang, gönnen dem Auto eine Wäsche. Zwar stehen überall Schilder, die schlammbedeckte Autos verbieten, aber irgendwohin müssen wir den Schlamm ja loswerden. Uns gönnen wir eine Nacht auf dem RV Park. Das letzte und einzige außergewöhnliche Fahrzeug, das je hier stand war ein VW-Bus mit Klappdach und die Frau an der Rezeption zeigt voller Stolz eine eigens angelegte Mappe mit Bildern. So finden wir uns zwischen riesigen Trailern (größer als unsere Wohnung zu Hause!) auf einem Betonplatz ohne einen einzigen Grashalm und sind doch froh in Ruhe Wäsche zu waschen und zu duschen. Das Auto wird auch von innen wieder sauber und die Winterklamotten werden gegen Sommerkleidung getauscht. Obwohl der RV-Park ausgebucht ist, scheinen sich alle im Wohnmobil zu verschanzen, denn wir sehen den ganzen Tag über niemanden. Die Hitze finden wir in Las Vegas schon jetzt unangenehm, dabei ist es doch eigentlich noch Winter. So werden wir jedenfalls auf den heißesten und trockensten Fleck Nordamerikas vorbereitet, denn als nächstes wollen wir in das Tal des Todes – hoffentlich ist der Name kein Programm…

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Reisezeit: 05.03.17 – 13.03.17

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