Ecuador II – historisches Cuenca und der Cajas Nationalpark im Süden

Zum ersten Mal auf Reisen müssen wir wegen Fieber einige Krankheitstage in Cuenca einlegen. Ein Besuch im Panamahut Museum und die Schrumpfkopf-Ausstellung erwarten uns hier. Halbwegs fit wandern wir anschließend durch die fantastische Landschaft des Cajas Nationalparks unweit von Cuenca. Lagunen, Nebelwald und Hochebenen, wir fühlen uns wie Figuren im Fantasyfilm. Statt der geplanten Vulkanroute zwingen uns Zahnschmerzen auf schnellstem Weg in die Hauptstadt nach Quito…

Auf dreispurigen Straßen über den Pass gleiten

Nach unserer Küstenroute bahnen wir uns den Weg nach Cuenca. Natürlich müssen wir dafür an Höhe gewinnen, knacken auf seichten Straßen die 4000 m Marke, um dann wieder bis auf 2000 m nach Cuenca zu gleiten. Nach den Erfahrungen mit den Bergstraßen in Kolumbien haben wir das Schlimmste befürchtet. Aber diesmal und überhaupt in Ecuador sind die Straße in außerordentlich gutem Zustand, zwischendurch dreispurig und ohne enge Serpentinen oder gar steile Steigungen. Da kommen wir schneller als gedacht in Cuenca an, wo wir bei kühleren Temperaturen ein paar Stadttage einlegen. Der Aufenthalt fällt dann sogar noch länger aus als geplant, da Till mit Kopfschmerzen und Fieber das Bett hütet.

Tu Parada en Cuenca – deine Haltestelle in Cuenca

In einem gemütlichen Innenhof hat Besitzerin Miriam hier eine „parada“ (Haltestelle, Raststätte) für Overlander eingerichtet. Der Innenhof ist zwar so eng, dass wir unseren Außentisch nicht aufklappen können, aber mit der etwas improvisierten Außenküche, der heißen Dusche und der herzlichen Art von Miriam ist das gar kein Problem. Wer plant, hier zu übernachten sollte auf jeden Fall reservieren da maximal 3-4 Fahrzeuge gleichzeitig Platz finden und es wenig Stellplatz-Alternativen in Cuenca gibt. Miriams Whatsapp Nummer ist im iOverlander drin, eine neue Küche und mehr Airbnb-Zimmer sind momentan in Planung.

Historisches Cuenca im Süden Ecuadors

Die Altstadt ist Weltkulturerbe der UNESCO und befindet sich praktischerweise in Laufreichweite von unserer Unterkunft. Gebaut wurde die Kolonialstadt im 16. Jahrhundert auf den Grundmauern der ehemaligen Inka-Stadt Tomebamba. Beeindruckend finden wir die Kirchenkuppeln der neuen Kathedrale im Zentrum, die mit blauen Fliesen über den Dächern der Stadt herausstechen. Tatsächlich kann für uns das „Athen Ecuadors“ vom Flair her nicht mit Antigua in Guatemala oder gar Cartagena in Kolumbien mithalten.

Müde vom Stadtrundgang landen wir in der großen Markthalle des 10. August und statten den Essensständen einen Besuch ab. Leckere Suppe suchen wir uns aus und treffen auch gleich einen in die Staaten ausgewanderten Ecuadorianer, der nach 40 Jahren noch immer das gute Essen aus seiner Heimat vermisst. Zu dieser Fischsuppe gibt es einfach keinen Vergleich in den Staaten, beteuert er immer wieder. Das können wir nur bestätigen.

Dem Panamahut auf der Spur

Gleich neben dem Markt liegt das Panamahut-Museum. Viele wissen längst Bescheid und andere ahnen es vielleicht schon, der Panamahut ist ein handgeflochtener Strohhut aus Ecuador, und heißt hier Sombrero de paja toquilla (Hut aus Toquillastroh) gefertigt. Zur irreführenden Namensgebung gibt es verschiedene Theorien. Die Einen behauptet der falsche Name hat sich bei der Eröffnung des Panama-Kanals eingeschlichen, als Theodore Roosevelt zu dessen Eröffnung einen ecuadorianischen Strohhut trug. Die Anderen führen den Namen auf das 19. Jahrhundert zurück, als der Panamahut von Ecuador über Panama exportiert wurde und die Bevölkerung Panamas begann, den Hut selbst als Sonnenschutz zu tragen.

Die berühmteste Stadt des Panamahuts ist Monecristi. Die Palmfasern werden auch heute noch per Hand in den Dörfern gewoben, die Rohlinge kommen dann in die Stadt, wo sie unter Druck und Hitze in ihre endgültige Form gepresst werden. Ein Mitarbeiter im Museum führt uns diesen Prozess bereitwillig vor. Die Hüte gibt es in verschiedenen Qualitätsstufen, die unter anderem von der Dichte der Fasern abhängt. Vor Ort, also in diesem Fall im Museum werden dann noch die Verzierungen angebracht und man kann sich seinen Lieblingshut direkt im Shop aussuchen.

Schrumpfköpfe – sind die wirklich echt?

Am nächsten Tag besuchen wir das ethnologische Museum Pumapungo und sind fasziniert von der Ausstellung der Shuar. Dabei handelt es sich um eine indigene Völkergruppe aus dem Amazonasgebiet, die international durch die Anfertigung von Schrumpfköpfen bekannt wurden.

Von Schrumpfköpfen hatten wir natürlich auch vorher schon gehört und auch die Verbindung zum Amazonasgebiet war uns nicht neu. Und doch standen wir total überrascht vor unserem ersten menschlichen Tsantsa, wie die Trophäen genannt werden. Im Halbdunkel ist der Gruselfaktor gleich doppelt so hoch, die faustgroßen Köpfe sehen zwar menschlich aus, aber durch die Größe kann man gar nicht glauben, dass sie echt sind.

Der Hintergrund zu diesem Ritual wird (ausnahmsweise auch mal auf Englisch) im Museum beschrieben. Bei der Kopfjagd wurde den Feinden der Kopf abgetrennt, um die Lebenskraft des Gejagden auf den Jäger zu übertragen. So schnell wie möglich musste die Haut vom Schädel des Opfers getrennt werden. Anschließend wurde der Mund vernäht damit der Rachegeist des Verstorbenen nicht austreten konnte. Der Schrumpfprozess wurde begonnen, indem Sand, Wasser und Kräuter in die Haut gefüllt wurde. Anschließend wurde der Kopf erhitzt, bis er auf Faustgröße geschrumpft ist. Eine tagelange Feier wurde abgehalten, um den rituellen Prozess zu vollenden. Da man im Museum keine Bilder machen durfte und ich mich daran gehalten habe, gibt es leider kein Bild der dort ausgestellten Schrumpfköpfe, aber Wikipedia wird euch weiterhelfen. Heutzutage ist die Praxis der Schrumpfköpfe übrigens nicht mehr erlaubt, die Rituale werden stattdessen mit Faultieren vollzogen.

Lagunen und Wanderungen im Cajas Nationalpark

Unweit von Cuenca befindet sich der Cajas Nationalpark. Unser erster Nationalpark in Ecuador und wir freuen uns über den freien Eintritt, der übrigens für alle Nationalparks in Ecuador gilt. Die Anzahl der möglichen Wanderungen ist hoch und wir entscheiden uns spontan für die Ruta 1. Der Nationalpark erstreckt sich in den Höhen von 3100 bis über 4000 m, entsprechend kalt und ungemütlich ist es. Die Höhe macht uns zu schaffen und auch bei den kleinsten Anstiegen schnaufen wir schon den Berg hoch. Dennoch genießen wir die Bewegung und die kühle Luft. Der Rundweg führt uns von der Laguna Toreadora nach oben durch den Nebelwald mit moosbewachsenen Papierbäumen. Verwunschen und abenteuerlich wie Figuren im Fantasyfilm kommen wir uns hier vor. Weite Flächen, Berge am Horizont und vor uns weite Ebenen von Flüssen und Lagunen durchzogen, die Wolken hängen bis tief ins Tal.

Praktischerweise können wir auf dem Parkplatz übernachten und sogar abends die Gemeinschaftsküche vom Nationalpark mitbenutzen. Zwar ungeheizt, aber dafür mit viel Platz und einem funktionierenden Gasherd. Es gibt Kartoffelsalat mit Frankfurter Würstchen, die wir im Supermarkt in Cuenca entdeckt hatten. Am nächsten Tag fahren wir noch zur Laguna Llaviucu, die wir als Morgenspaziergang gemütlich umrunden. Die Laguna ist zwar auch hübsch, kommt aber nicht an das Szenario des gestrigen Tages heran.

Wer den Nationalpark ohne Auto erkunden will, kann von Cuenca aus mit dem öffentlichen Bus fahren und Tagestouren wandern.

Bei der Teufelsnase beobachten wir die Andenbahn

Kurz vor San Pedro de Alausi biegen wir von der Hauptstraße ab, um uns die berühmte Teufelsnase (Nariz del diablo) oberhalb von Sibambe anzuschauen. Bei der Teufelsnase handelt es sich um eine Felsklippe, die von der Andenbahn auf meisterliche Weise befahren wird. Auf Zick-Zack-Gleisen überwindet der Zug die Steigung. Zunächst fährt er ein Stück den Berg hinauf, wechselt das Gleis und fährt in entgegengesetzter Richtung weiter. Von oben beobachten wir, wie die Passagiere aussteigen und eine Tanzvorführung aufgeführt wird. Wir beobachten das Schauspiel lieber von oben, die Zugfahrt mit dem Ferrocarril Transandino soll zwar schön sein, ist uns aber zu teuer.

Medizinische Notfälle lassen sich nicht planen

Jetzt würden wir eigentlich gerne unsere Anden- und Vulkanrunde starten auf die wir uns schon so lange gefreut haben. Aber Till hat plötzlich Zahnschmerzen. Nachdem wir über zwei Jahre fast ohne medizinische Notfälle überstanden haben, ist nun die zweite Füllung herausgebrochen und auch das Provisorium aus Costa Rica ist fällig. Es hilft nichts, wir müssen zum Arzt und den wollen wir am liebsten in Quito aufsuchen. Wir legen also einen langen Fahrtag ein und fahren auf der teilweise 6 spurigen Panamericana schnurstracks Richtung Quito.

Zahnarztbesuch in der Hauptstadt

Gleich am nächsten Tag finden wir einen Englisch sprechenden Zahnarzt. Die Praxis macht einen sehr guten Eindruck, der Arzt hat in den Staaten studiert und scheint uns sehr kompetent. Viele Amerikaner kombinieren ihren Urlaub in Ecuador mit anstehenden Zahnbehandlungen, preislich scheint sich das zu lohnen und die Praxis hat sich scheinbar darauf spezialisiert. Noch am gleichen Tag bekommen wir einen Termin und eine Stunde später waren auch gleich beide Problemzähne gezogen. Kurzer Prozess statt Wurzelbehandlung. Zwei Tage später gehen wir nochmal zur Kontrolle, alles verheilt bestens und wir sind mit dem Arzt-Erlebnis sehr zufrieden.

Übernachten in Quitos vorzeigefähigem Fitnesspark

In Quito übernachten wir im Caroline Park und sind überwältigt, was in Ecuador alles möglich ist. Der Caroline Park ist nämlich ein öffentlicher Sport- und Fitnesspark, 24 Stunden geöffnet, 800 Meter Laufbahn, Crossfit-Bereiche, Volleyballfelder, Aerobickurse und und und. Für alle frei verfügbar und gerne benutzt. Morgens genehmigen wir uns frisch gepressten Orangensaft vom Stand nebenan und morgens und abends nutzen wir selbst das tolle Angebot und ich gehe seit über zwei Jahren zum ersten Mal wieder joggen. Warum es solche Fitnessparks nicht in Deutschland gibt fragen wir uns…?

Und ansonsten in Quito…?

Mit dem Bus fahren wir in der Altstadt und sind direkt begeistert von der Anzahl der hübschen Gebäude und lassen uns durch die Gassen und über die belebten Plätze treiben. Besonders lohnend fanden wir bzw. ich den Besuch der Basilica del Voto Nacional. Mit 115 m besitzt sie den perfekten Aussichtsturm. Für einen geringen Eintrittspreis fährt man mit dem Aufzug nach oben, läuft über eine wackelige Planke im Dach und muss dann die wirklich steilen Treppen im Freien nach oben. Wer nicht absolut schwindelfrei ist, sollte sich den Besuch gut überlegen. Von oben ist der Blick über die Stadt aber definitiv lohnenswert.

Auch mit Quitos Seilbahn (TeleferiQo) kann man die Perspektive wechseln und wir lassen wir uns früh morgens auf den Berg gondeln. Hier kann man eine schöne Runde wandern, aber Wolken am Horizont versperren uns den Blick auf die schneebedeckten Vulkane, die man eigentlich von hier oben sehen könnte. Am besten ist die Aussicht früh morgens an klaren Tagen. So genießen wir zumindest den Blick auf die Metropole, die sich langgestreckt im Tal umringt von Bergen befindet.

Nachdem wir nun völlig überstürzt von Cuenca nach Quito gedüst sind, wollen wir uns nun endlich ins Andenabenteuer stürzen und den Vulkanen und Gletschern ganz nah kommen. Im nächsten Bericht erzählen wir mehr…

Reisezeit: 12.09.2018 – 18.09.2018

Route Ecuador II

GPX-Track Download Link: Ecuador II

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