Mexiko X – Chiapas pur, Straßensperren und Paläste im Dschungel

Zeit für einen Seitenwechsel – unser Weg in die Karibik führt durch den Bundesstaat Chiapas, der neben Palästen im Dschungel, noch weitere Überraschungen für uns bereit hält…

Der Abschied aus Barra de la Cruz fällt uns schwer. Das Surferleben ist eine willkommene Abwechslung zum Sightseeing und hält uns nebenbei auch noch fit. Aber was soll ich sagen, die Zeit drängt, denn Mitte Dezember müssen wir Mexiko verlassen. Das 180 Tage Visum ist beinah abgelaufen und wir können selbst kaum glauben, wie schnell die Zeit vorbeigegangen ist. Um nach Yucatan zu gelangen müssen wir das Land einmal durchqueren und die Meerseite wechseln. Von der Pazifikküste durch den Bundesstaat Chiapas wollen wir in die Karibik.

Chiapas ist der südlichste und ärmste Bundesstaat Mexikos. Die „Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung“ (EZLN) ist eine linke Guerillabewegung in Chiapas, die seit 1994 für die Rechte der indigenen Bevölkerung Mexikos und deren freie Entwicklung kämpft. Organisiert als Bauernmiliz, setzt sich die EZLN unter anderem für eine autonome Selbstverwaltung ein. Damit kämpft sie gegen die mexikanische Regierung, die Ressourcen privatisieren will, eine Autobahn durch Chiapas bauen will und den Weg für den Kapitalismus und die Globalisierung ebnen will. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen und paramilitärischen Einsätzen, auch von Straßensperren wird berichtet.

Fahrt bis Tuxtla Gutierrez

Von anderen Reisenden haben wir schon viel von Chiapas gehört. Wunderschön soll es landschaftlich sein, aber auch auf Straßensperren könnten wir treffen. Früh um 8 Uhr morgens beginnt deshalb unsere Reise, denn unser Ziel ist die gesamte Strecke bis Tuxtla Gutiérrez, kurz vor San Cristobal de las Casas im Herzen Chiapas. Es sind ca. 450 km, aber das sollte heute selbst bei schlechten Straßen und eventuellen Überraschungen kein Problem sein. Denken wir. Schon bevor wir die Grenze nach Chiapas überqueren staut sich plötzlich der Verkehr vor uns. Till läuft ans vordere Ende der Schlange und dort steht eine Menschenmenge mit Demonstrations-Plakaten, auf denen groß „Elektrizität für alle“ steht. Da direkt eine Pemex-Tankstellen nebenan ist, nutzen wir die Zeit für eine Mittagspause im Auto, denn so wie es aussieht dauert es sowieso noch eine Weile. Nach über einer Stunde bewegt sich was und wir fahren zurück in die Reihe. Da sehen und hören wir auch schon die Rufe der Demonstranten, die jetzt so schnell wie möglich alle Fahrzeuge durchwinken wollen. In einer Hand wird der lilafarbene 50-Peso-Schein hochgehalten, den jetzt jeder abzugeben hat, die andere Hand kassiert. Alle zahlen und auch uns bleibt nichts anderes übrig.

Als wir keine zehn Minuten später erneut in einer Straßensperre stehen sind wir zunehmend genervt. Diesmal kommt aber gleich einer der Demonstranten zu uns und erklärt uns ausführlich, was hier los ist. Er spricht fließend Englisch und hat viele Jahre in den USA gelebt. Zu Hause in seinem Dorf setzt er sich für die Landbevölkerung ein. Demonstriert wird heute für gerechte Strompreise. Eine Familie auf dem Land muss 3000 Pesos (100 EUR) im Monat für Strom zahlen, während es in Mexiko-Stadt nur einen Bruchteil kostet. Natürlich kann keine der hier lebenden Familien diesen enormen Betrag zahlen. Mit den Straßensperren wollen sie Verhandlungen mit der Regierung durchsetzen, die in einer Stunde starten sollen. Für faire Preise und einen Schuldenerlass, solange bis die Verhandlungen beginnen bleibt die Straßensperre bestehen. Wir sind froh, aus erster Hand zu erfahren worum es hier eigentlich geht. Aber als wir nachfragen, wofür das Geld eingesetzt wird, was alle hier zahlen müssen, bekommen wir leider nur eine ausweichende Antwort. Auch hier müssen wir wieder „Maut“ zahlen, um endlich weiterzukommen.

Nach diesen zwei zeit- und nervraubenden Sperren ist es auch schon beinah dunkel und wir müssen im nächsten Dorf Tapanatepec übernachten, um nicht noch zwei Stunden im Dunkeln unterwegs zu sein. In Tapanatepec gibt es natürlich keinen Campingplatz und somit bleibt nur die hinterste Ecke der Pemex-Tankstelle. Neben uns schlafen ebenfalls gestrandete Leute aus einem Bus, nur mit Decken auf dem harten Beton-Boden, dagegen können wir uns wohl kaum beschweren. Die Fahrt am nächsten Morgen bis Tuxtla verläuft immerhin ohne weitere Zwischenfälle. Die schmale Straße windet sich über Berge und durch Täler hindurch. An den Hängen werden Früchte angebaut, die wir auf den ersten Blick gar nicht einordnen können. Wir fahren durch kleine Dörfer, in denen ausschließlich Indigenas wohnen. Frauen mit traditionellen Röcken laufen am Straßenrand entlang, manchmal sehen wir kleine Gruppen Schulkinder auf dem Weg nach Hause. Vor den Häusern sind manchmal kleine Tische aufgebaut mit Eimern voll mit den Früchten die wir gegenüber haben wachsen sehen. Wir sind neugierig und fragen nach. Zwei sehr schüchterne Maya-Mädchen gucken mich verwirrt an, als ich frage, was das für Früchte seien und wie sie schmecken. Sie hält mir eine Frucht zum Probieren hin und als ich mich auch noch zu blöd anstelle und nicht weiß was ich damit machen soll, brechen die beiden dann doch in Lachen aus. Sie öffnet die Frucht für mich und jetzt erkenne ich auch, dass es Passionsfrüchte sind. Ein ganzer Eimer kostet nur einen Euro und ich bekomme sogar noch 3 Früchte obendrauf geschenkt. Die Begegnung mit den giggelnden  Mädchen erheitert uns noch den Rest der Fahrt, es war eine schöne Begegnung am Straßenrand und wir sogar noch einen Snack für unterwegs.

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Im Herzen Chiapas – San Cristobal de las Casas

In San Cristobal de las Casas wird die Ehre Chiapas wiederhergestellt. Die Stadt ist lebendig und bunt. Es gibt viele Cafés und Restaurants und auf dem Markt herrscht das pure Leben. Maya-Frauen mit geflochtenen Zöpfen bieten eimerweise frisches Obst und Gemüse an. Auch getrockneter Fisch und Hühner sind im Angebot. Hier könnten wir stundenlang die Waren und die Menschen beobachten. Leider lassen sich die Mayas nicht gerne fotografiert, einen Wunsch den wir natürlich respektieren. Die bunten Zöpfe, Röcke und Blusen müsst ihr euch deshalb einfach vorstellen. Auf diesem Markt kaufen wir dann auch unser erstes (und letztes) Souvenir in Mexiko, ein kleines Herz, dass ab jetzt im Auto mitfährt. Auf über 2100 m.ü.d.M. wird es empfindlich kalt und nach dem ersten Stadtrundgang kramen wir erstmal unsere Jacken hervor und packen uns dick ein.

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Teure Tankfüllung

Nach zwei Tagen wollen wir weiterziehen und zurück ins Warme (wer hätte gedacht, dass es uns mal in die Wärme zieht…). Am Ortsausgang tanken wir noch einmal voll bevor wir auf die berüchtigte Straße 199 Richtung Palenque fahren. Berüchtigt wegen ihren zahlreichen Topes (Bodenschwellen) und den auch hier immer wieder vorkommenden Straßensperren. Der Tankwart ist sehr freundlich und erklärt uns, an welcher Stelle wir mit der „Caseta“ rechnen können. Gut zu wissen, dass es sich hier also mehr als um eine temporäre Zahlstelle handelt. Er gibt uns zu verstehen, dass er mit dieser „Maut“ nicht einverstanden ist, und das Handeln der Leute sehr kurzsichtig wäre, er fände das überhaupt nicht gut. Wir freuen uns über seine Ehrlichkeit und die Tipps, die er uns mit auf den Weg gibt. Als wir dann losfahren und ich beim runterrollen von der Tankstelle den Dieselverbrauch ausrechne, merke ich schnell das da etwas nicht stimmt, 19 L/100 Kilometer, das kann nicht sein! Sofort haben wir den vermeintlich netten Tankwart in Verdacht und fahren direkt wieder zurück und fragen freundlich nach einer Quittung. Man will ja niemandem etwas unterstellen. Er weiß natürlich sofort was los ist und kommt kleinlaut mit einem 200 Peso-Schein zurück. Wir ärgern uns über den Mann und über uns selbst, weil wir nicht besser aufgepasst haben und uns von dem netten Geplaudere haben ablenken lassen. Mal wieder können wir uns nicht einigen ob wir die Mexikaner nun mögen sollen oder nicht. Einige sind so hilfsbereit und freundlich wie man nur sein kann. Und dann werden zufällig 200 Pesos zu viel berechnet, von einem Mann der sich gleichzeitig über die Kurzsichtigkeit anderer beschwert. Nunja.

Blaue Wasserfälle

Natürlich zahlen wir an der angekündigten Caseta nochmal unsere 50 Peso, diesmal mit Quittung und Stempel. Das war dann aber auch die letzte Zahlstelle, zum Glück. Dann noch über all die vielen Topes. Bremsen, runter schalten, drüber hopsen. Einer ist nerviger als der andere und manche viel zu gut im Schatten versteckt. Endlich haben wir es geschafft und kommen zu den traumhaften Wasserfällen Cascadas Azul. Auf dem Parkplatz werden uns Bananen angeboten und die Verkäufer sind hier sehr viel aufdringlicher und lassen sich kaum abwimmeln. Nach einem Bad ist uns allerdings nicht zumute und wir fahren weiter bis Palenque, zu unseren ersten Maya-Ruinen. Seit San Cristobal hat sich die Landschaft merklich verändert und es wird endlich wild, grün und dschungelig! Bei einem Hostel können wir campen und von hier aus am nächsten Morgen zu den Pyramiden laufen.

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Ruinen im Dschungel

Zwar kommen wir früh los, aber nachdem wir eine halbe Stunde die Straße hochgelaufen sind, um überhaupt erstmal zum Eingang zu kommen, merken wir bereits die hohe Luftfeuchtigkeit und sind schon total platt. Der Anblick der Pyramiden entschädigt aber für das schwüle Wetter und schon erklimmen wir den Sonnentempel und das größte Gebäude, den Palast. Im Palast hat einst die Herrscherfamilie gewohnt und von hier oben hat man wahrlich einen guten Überblick über die gesamte Anlage der ehemaligen Maya-Metropole. Die am besten erhaltene und restaurierte Pyramide ist der Tempel der Inschriften mit der Grabkammer eines ehemaligen Königs. In der Maya-Kultur ist eine Verwendung der Pyramide als Grabmal eher unüblich, vielmehr dienten sie der kultischen Verwendung, zum Beispiel als Opferstätte. Im 8. Jahrhundert wurde die Anlage schließlich verlassen. Wir laufen noch weiter über das Gelände und sind beeindruckt, wie viele der Pyramiden noch gar nicht ausgegraben oder restauriert wurden. Wie es hier zur Blütezeit aussah und wo und vor allem wie das soziale Leben stattgefunden hat können wir uns nur schwer vorstellen, Wohnhäuser und Felder sind jedenfalls nicht mehr zu erkennen. Und das Museum hat leider geschlossen.

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Wir verlassen Chiapas mit gemischten Gefühlen. Es war ohne Frage aufregend. Zwar haben wir uns kein einziges Mal unsicher gefühlt, aber irgendwie waren wir doch sehr angespannt und haben gleich mehrfach nur auf Parkplätzen oder bei der Tankstelle übernachtet. Insgesamt haben wir uns in Chiapas aber einfach nicht sehr willkommen gefühlt. Die Indigenas waren (mit Ausnahmen) eher abweisend, die Straßensperren langwierig und nervig, aber San Cristobal und Palenque haben das Gesamtbild wieder gerettet.

Reisezeit: 27.11.17 – 01.12.17

Salina Cruz – Tapanatepec – Tuxtla Gutierrez – San Cristobal de las Casas – Palenque

2 Antworten auf “Mexiko X – Chiapas pur, Straßensperren und Paläste im Dschungel”

  1. Katrin und Till.
    Danke für euren Blog.
    Ja, leider habt ihr nicht die besten Erfahrungen gemacht. Der Tankwart hat probiert, euch zu bestehlen. Sehr gut, dass ihr es gleich bemerkt habt und zurück gekehrt seid. Da er schon die 200 Pesos in der Hand hatte, würde ich es ihm verzeihen. Wahrscheinlich hat er sich für sein Verhalten geschämt.
    Zu Chiapas. Mir hat die Stadt sehr gut gefallen. Bin aber auch Eurer Meinung, dass es sehr schwierig war, mit den Indigenas in Kontakt zu kommen. Mein Gefühl war dort auch beklemmend. Das Klima war sehr rau, feucht und kalt. Bin auch nach 2 Tagen wieder weiter gereist.
    Wünsche euch eine gute Weiterreise!
    Liebe Grüße
    Eure Ulli

    Antworten

    1. Hallo Ulli,
      danke für deine Nachricht. Auch wenn wir Mal eine schlechtere Erfahrung gemacht haben, überwiegen doch eindeutig die positiven Erlebnisse. Insgesamt haben wir Mexiko als Reiseland sehr genossen und uns fast immer willkommen und sicher gefühlt.
      Chiapas hatte für uns genau wie du beschreibst etwas sehr Beklemmendes, das haben wir sonst nirgendwo so empfunden.
      Viele liebe Grüße aus Guatemala, Katrin y Till

      Antworten

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