Schweden im Winter 2024

Nur wenige würde auf die glorreiche Idee kommen im Winter in den Norden zu fahren. Aber wer wie ich die Kälte liebt und passionierter Wintersportler ist, für den ist der hohe Norden eines der Traumziele in den Wintermonaten.

Next time, ship your stuff

Das Packen für die Tour verläuft wie immer viel zu kurz und unorganisiert obwohl wir darin eigentlich Übung haben sollten inzwischen. Da ich alleine unterwegs sein werde, ist Platz kein Problem und es kann munter dicke Kleidung eingepackt werden. Auch bei den Sportgeräten gehe ich keine Kompromisse mehr ein. Seit der Besitzer eines Nordamerikanischen Sportgeschäfts auf der PanAm meine Frage nach Leih-Tourenskiern mal mit dem Kommentar abgetan hat „No, next time, ship your stuff“, nehme ich lieber mehr an Sportequipment mit als zu wenig. Das heißt also die Cross-Country, Pisten- und Tourenskier samt Felle werden eingepackt und der Monoski kommt in einem Sack an die Seite unter die Skibox. Dazu noch 2 paar Stöcke und Schneeschuhe. Jetzt ist die Ausrüstung komplett.

Wer das übrigens übertrieben findet, dem sei gesagt, dass tatsächlich alles eingepackte mehr oder weniger ständig in Benutzung war…:)

Besondere Vorkehrungen für den Winter gibt es nicht. Das Hottahue ist schließlich für alle Klimazonen gebaut. Es kann also los gehen.

Weit ist´s

In der Tradition sich vorher keine Gedanken zu machen wo man genau hin fährt, fiel die größte Recherchearbeit auf die Anfahrt. Da sich meine Lust 2000 km am Stück im Auto zu sitzen in Grenzen hält, währe mir eine Fährpassage am liebsten. Da die Fähren von Dänemark nach Schweden aber kaum Strecke sparen und die Kiel-Oslo Fähre einfach viel zu teuer ist, hatte ich zwischenzeitlich tatsächlich geplant den gesamten Weg zu fahren. Bis ich, durch einen Zufall, die Kiel-Göteborg Fähre entdecke. Unglaublich günstig (kaum mehr als der Kraftstoff), zeitlich optimal (über Nacht) und enorm Kilometer sparend. Die Strecke bis Kiel ist von uns aus problemlos an einem Tag zu bewältigen und ab Göteborg kann man ausgeruht noch locker bis auf die Höhe Örobro fahren. Auch bei winterlichen Bedingungen.

Also wird es die Kiel-Oslo Fähre.

Die Anfahrt nach Kiel ist entspannt und das Boarding beginnt deutlich früher als gedacht. Die kleine Kabine in der Stena-Line ist komfortabel und da mir auf Fähren beim Herumlaufen eh meistens schlecht wird, schlafe ich fast die ganze Überfahrt.

In Göteborg erwartet mich bei der Ankunft am nächsten Morgen auch gleich dicker Schneefall und eine leicht gezuckerte Landschaft. Die Einreise ist – dafür, dass ich aus einem EU-Land komme – ziemlich umfangreich und dauert gefühlt ewig. Warum auch immer man hier so genau kontrolliert.

Los geht´s gen Norden auf winterlichen Straßen, die zu meinem Verwundern aber stark gesalzen und damit problemlos zu befahren sind. Ja, es ist angenehm so Kilometer zu machen – trotzdem bin ich kein Fan von Salz auf der Straße. Weder für das Auto noch für die Umwelt.

Wie immer ist das Fahren in Schweden insgesamt sehr entspannt und eilig hat es kaum jemand. So fahre ich problemlos bis kurz vor Mora, was etwa auf der Höhe von Bergen in Norwegen liegt. Schnell merke ich, dass die Platzsuche im Winter deutlich anspruchsvoller ist als im Sommer. Zumindest bei Schnee. Plätze in irgendeiner App sind quasi gar nicht zu gebrauchen, da die Zufahrten meist komplett verschneit sind. Man muss also selbst suchen und hoffen, dass man einen freigeschobenen Platz findet bei dem man aber niemanden blockiert oder stört.

Ich fahre bis weit in die Dunkelheit und finde einige Kilometer vor der Stadt einen schönen Parkplatz neben einem Museum. Das alles hat im Winter natürlich geschlossen, ein kleiner Platz ist aber frei geräumt.

Skifoan´

Am nächsten Tag – das ganze mal im Licht betrachtet – kommt mir wie so oft auf Reisen der Gedanke: Warum eigentlich weiterfahren wenn es hier auch schön ist? Ordentlicher Platz am Waldrand, 2 dick verschneite Waldwege beginnen direkt am Auto und die Lautstärke hält sich trotz Hauptstraße in Grenzen. Nachts kommt hier sowieso fast niemand vorbei.

Also packe ich die Cross-Country Skier aus und beginne mir eine Loipe zu spuren. Meter für Meter in den Tiefschnee. Schnell wird es ruhig und malerisch. Eine Winterlandschaft wie man sie sich wünscht.

So bleibe ich einige Tage an meinem Platz. Es schneit immer wieder und die Temperaturen sind erstaunlich mild (meist nur leichte Minusgrade). Nach 3-4 Tagen muss ich dann doch mal kurz in die Stadt fahren um einzukaufen. Bis jetzt hatte ich nur ein paar wenige Dinge auf dem Weg von Göteborg eingekauft. In Mora gibt es quasi alles. Eine Tankstelle zum Kocher auftanken, einen riesigen Ica Maxi zum Einkaufen, Sportgeschäfte für den vergessenen Abzieher und einen Biltema zum entspannten durch Laufen und Kaffee trinken (wie das deutsche Bauhaus aber mit Schwerpunkt auf Autos)

Nach der Shopping-Tour verweile ich dann noch Mal einige Tage an meinem Platz südlich der Stadt und nutze die neu gebaute Loipe tief in den Wald hinein.

Auch die mitgebrachten Schraub Spikes werden jetzt montiert. Zumindest teilweise. Leider waren nur noch für die Hinterachse auf die Schnelle genug Spikes verfügbar. Aber das sollte für den Anfang reichen. Der Winkelbohrer stellt sich als suboptimal für die Montage heraus, da er viel zu viel Drehzahl hat und schlecht kontrollierbar ist. Trotzdem verschraube ich ca. 100-150 Spikes in die beiden hinteren Reifen und bin gespannt auf das Ergebnis.

Doch dann muss es weiter gehen. Der Schnee taut an und friert fest und ich brauche einen Ortswechsel.

Also wieder nach Mora, noch Mal schnell alles aufgefüllt – man weiß ja nie – und weiter nach Norden. Nicht mehr auf der Hauptverbindung E45 sondern auf Nebenstraßen. Und das merkt man. Geräumt ist zwar noch, aber gesalzen wird nicht mehr. Höchstens noch gesplittet. Die Straße ist nun eine Mischung aus Eisfläche und festgefahrener Schneepiste. Schon nach wenigen Kilometern bin ich von den Spikes begeistert. Die Hinterachse ist kaum aus der Spur zu bringen und selbst wenn ich es auf dem Parkplatz versuche, merkt man direkt wie sie sich wieder kontrolliert fängt. Luft hatte ich schon kurz hinter Göteborg aus den Reifen gelassen aber die Spikes machen noch Mal den Unterschied.

Spur durch den Wald bei Mora
Spur durch den Wald bei Mora

Stille

So fahre ich nur ca. 100-120km in den Norden. Die Platzsuche im Dunkeln möchte ich mir heute ersparen und lieber in Ruhe im Tageslicht suchen. Auf einer Nebenstraße führt eine geräumte Schneepiste in das waldige Gebiet. Eigentlich hatte ich nur an der Kreuzung angehalten um mal etwas zu erledigen aber jetzt sehe ich auf der Karte einen vielversprechenden Verlauf des Weges ohne Häuser. Also versuche ich es und folge der schmalen, nur einspurig geräumten Piste die nach einigen Kilometern plötzlich endet. Einen Wendepunkt und ein kleines Hüttchen etwas im Wald gelegen. Aber hier war seit dem ersten Schneefall schon keiner mehr. Das sieht man. Der optimale Stellplatz also. Zumal die Piste eigentlich weiterginge, nur eben nicht geräumt ist. Also wieder eine schöne Möglichkeit sich eine eigene Loipe zu ziehen.

Hier stehe ich nun unglaubliche 10 Tage und fahre Tag für Tag wieder in den Wald bis ich nach ca. 7km sogar den Punkt erreiche auf dem die Straße von der Gegenseite her wieder geräumt ist. In all den Tagen begegnet mir nur ein einziges Auto, dass kurz im Wendepunkt dreht und gleich wieder zurück fährt. Sonst herrscht eine wundervolle, stille Winterlandschaft ohne Handymast, Stromkabel oder Straße. Schwedentypisch war der Handyempfang natürlich trotzdem einwandfrei. Auch mitten in der Natur.

Blick aus der Luke beim Standplatz im Wald
Blick aus der Luke beim Standplatz im Wald

Idre/Idrefjäll

Doch nun muss es weiter gehen. Schon alleine weil die üppigen Vorräte, die ich zum Glück eingekauft hatte, dringend wieder aufgefüllt werden müssen.

Der nächste Stopp soll auch zum Alpin-Skifahren Möglichkeiten bieten. Also geht es nach Idre. Einem der südlichsten, großen Skigebieten in Schweden.

Mit einem Zwischenstopp auf einem Parkplatz und Auffüllen vom Wasser (hier gilt wieder: man weiß ja nie), erreiche ich am nächsten Tag Idre. Der lokale Supermarkt ist eher vergleichbar mit einem kleinen Edeka bei uns, bietet aber alles was man braucht.

Nach einer ausgiebigen Einkaufstour mache ich mich auf den Weg nach Fjättervalen. Hier soll es angeblich auf dem Parkplatz des Skigebiets die Möglichkeit geben für 250.- Kronen eine Nacht zu stehen. Inkl. Dusche und Servicecontainer. In Fjättervalen, einem wirklich kleinen Skigebiet mit Schleppliften, gibt es tatsächlich ein paar Dauercamper, die neben dem eigentlichen Parkplatz ihr Wohnwägen aufgebaut haben. Ich frage mich durch bis ich im Verwaltungsgebäude des Skigebiets fündig werde. Stellpatz? Kein Problem. Nur mit der Bezahlung ist es etwas schwierig. Aber auch das bekommen wir mit der Kreditkarte geregelt. Als ich den Betrag sehe, falle ich fast vom Stuhl. 500.- schwedische Kronen. Also ca. 45-46 Euro pro Nacht. Zwar inklusive Strom aber der bringt mir nichts weil ich dafür einen Adapter bräuchte um die Batterie zu laden. Aber es hilft ja nichts. Ich nehme also den Platz.

Die Dusche ist heiß und sauber, der geheizte Aufenthaltscontainer auch angenehm. Zumal draußen ein Schneesturm aufzieht der 25-30 cm Neuschnee bringen wird. Auch meine Wäsche bekomme ich mit der Hand gewaschen und im Container getrocknet. Also alles super.

Am nächsten Morgen ist klar: ein Stellplatz muss her – sonst wird´s ein teurer Aufenthalt.

Nach kurzer Suche werde ich schnell fündig. Ein Pullout, einige Meter in den Wald hinein geräumt, neben der Straße. Nicht wunderschön aber zweckmäßig. Sicherlich ist man nach 10 Tagen alleine im Wald auch ziemlich verwöhnt und wählerisch.

Am nächsten Morgen geht es auf nach Idrefjäll. Zumindest denke ich das. Ein großes Schild mit „Skipass“ weist mir den Weg zu einem Sportgeschäft. Dort gibt es tatsächlich Skipässe. Als ich einen Pass für Idrefjäll möchte weist mich die freundliche Damen darauf hin, dass das hier nicht Idrefjäll ist sondern Himmelfjäll. Auch egal, denke ich mir…dann eben das.

Für einen fairen Preis (die Skipasspreise sind insgesamt ähnlich der Gebiete in den Alpen, eher sogar etwas günstiger) bekommt man in Himmelfjäll ein schönes Familienskigebiet mit vielen Schleppliften (sehr vielen) und einem Sessellift. Die Höhenunterschiede sind natürlich keineswegs vergleichbar mit denen in den Alpen aber man gibt sich Mühe alles schön zu präparieren und viele Pisten zur Verfügung zu stellen. Voll ist es nie. Anstehen muss man also nicht. Da hier viele Familien sind, ist Himmelfjäll auch ideal zum Tiefschnee fahren. Es fehlt zwar etwas das Gefälle, dafür gibt es aber viele Möglichkeiten. So fahre ich gleich noch einen zweiten Tag in Himmelfjäll.

Neuer Tag, neuer Platz. Auf dem Heimweg entdecke ich einen schönen Platz bei einer Einfahrt zu einem Serviceweg und werde hier jetzt 2-3 Tage verbringen da man von hier auch schön mit den Tourenskiern oder Schneeschuhen laufen kann.

Aber natürlich muss auch das „echte“ Idrefjäll ausprobiert werden. Jetzt wo ich die Gegend kenne, ist es leicht gefunden und den Skipass gibt es (wenn man die Chipkarte schon hat) direkt am Automat.

Leider spielt das Wetter nicht so wirklich und es ist ziemlich neblig. Trotzdem macht das Gebiet mit einer Kleingondel, einigen Schleppern und Sesselliften wirklich Spaß. Alles ist modern und top präpariert. Ein Highlight ist die Öffnungszeit bis 18.00 von einigen Liften und Pisten. Die stattliche Flutlichtanlage beleuchtet die Piste und es ist kein extra Skipass nötig. Witziges Highlight: Kurz vor 18.00 Uhr finden mehrfach Durchsagen statt, dass man doch bitte darauf achten soll noch rechtzeitig zu seinem Auto zu kommen. Auf Deutsch und Englisch (auf Deutsch steht sonst nirgendwo auch nur irgend etwas). Aber nicht auf Schwedisch. Scheints traut man nur den (ausländischen) Touristen nicht zu, noch pünktlich zum Auto zu pendeln…:)

Die nächsten Tage wechsle ich immer mal wieder den Platz und entdecke sogar noch eine dritte, sehr schöne Stell-Möglichkeit an einem See. Idre entpuppt sich also als echtes Highlight. In vielerlei Hinsicht.

Leider ist es inzwischen, nachdem zwischendurch mal kurz bis zu -15 Grad waren, wieder viel zu warm und der schöne Neuschnee wird zu einer festen Masse.

Idre im Winter in Schweden
Spuren im Schnee in Idre
Idre mit Camper im Winter
Sonnenaufgang am Standplatz in Idre
Frei campen im Winter in Idre Schweden
Standplatz in Idre

Ljungdalen

Aber es soll noch etwas weiter gen Norden gehen – nach Are. Sicherlich das bekannteste Skigebiet Schwedens.

Als ich mir den Weg auf der Karte anschaue fallen mir aber noch zwei weitere Gebiete auf – Funäsdalen und Ljungdalen. Gerade Ljungdalen scheint mir sehr interessant, da winzig klein und versteckt. Hier in der Nähe gibt es auch einen berühmten Freeride-Lift (ein Schlepplift, der einsam einen Tiefschneehang hinauf gebaut wurde).

Also geht es erst nach Funäsdalen und dann nach Ljungdalen. In Funäsdalen soll es außerdem einen schönen Campingplatz geben. Der ist nun mal wieder nötig – egal was er kostet.

Am Camping angekommen ist der Besitzer nicht da, aber der Preis und alle Infos hängen aus. Auch hier ist der Winterpreis deutlich höher (450.-) als der im Internet angegebene Sommerpreis. Scheint also normal zu sein. Also Besitzer anrufen und eine Stelle für das hinterlegen des Betrags in Euro ausmachen (ja, Euro werden gerne genommen). Der Platz ist zwar auch nicht billig aber Preis/Leistung passt. Es gibt eine tolle Saune, schöne Duschen, Trockner und Waschmaschine (kosten extra) und sogar die Batterie kann ich laden da es einen normalen 230V Anschluss gibt. Also wird geduscht, geladen, gewaschen und relaxt. Nur die Küche benutze ich nicht – da fehlt schlicht die Zeit…:)

Am nächsten Tag ist das Wetter nicht sehr einladend und ich kaufe nur schnell in Funäsdalen ein, tanke und fahre weiter nach Ljungdalen. Das sind nur ca. 60km. Allerdings 60 sehr schöne Kilometer mit einem traumhaften Stück über eine Hochebene kurz vor Ljungdalen. Hier ist es fast so weiß wie auf dem Dempster-Highway und man würde ohne die seitlichen Begrenzer kaum die Straße erkennen. Ein Highlight.

Hochebene kurz vor Ljungdalen
Hochebene kurz vor Ljungdalen

In Ljungdalen beginne ich schon früh mit der Stellplatzsuche, finde aber quasi gar nichts. Außerdem hat sich das Internet verabschiedet. Weder Handy noch Router wählen sich ein (lag vermutlich nicht am schwedischen Netz sondern an O2).

Am Nachmittag finde ich dann doch noch einen Pull-Out direkt neben der Straße. Nicht schön aber zweckmäßig. Zumindest für eine Nacht.

Der nächste Tag verspricht traumhaften Sonnenschein und ein interessantes Skigebiet wenn man den einen Lift so nennen möchte. Ljungdalen besteht tatsächlich nur aus einem sehr, sehr alten Dreier-Sessellift der mit quasi atemberaubender Geschwindigkeit (Achtung Sarkasmus) den Berg erklimmt. Tatsächlich würde er meines Erachtens nach noch von den meisten Schleppern locker überholt werden.

Aber etwas hat Ljungdalen: Charme. Und zwar viel Charme. Und sehr schöne Pisten mit insgesamt 6 Varianten und einigem an Gefälle. Ein Skigebiet wie ich es liebe. Kaum Menschen (Der Parkplatz fasst höchstens 30-40 Autos), schöne Pisten und Tiefschneegebiete sowie traumhaften Aussichten – zusätzlich noch günstig. Leider ist es eiskalt gewesen nachts und die Piste dementsprechend hart. Auch die Pistenraupe ist wohl nicht mehr die neuste und man bekommt eine Ratter-Erfahrung der besten Sorte – zumindest Vormittags. Trotzdem ist es wunderschön entspannt hier und sicherlich ein absoluter Geheimtip bei Neuschnee.

Leider ist der immer noch fehlende Internet-Empfang ein echtes Problem, denn ich muss ja arbeiten. Nachmittags finde ich dann gleich mehrere freie Wifi-Hotspots im Dorf (was aus höchstens 10-15 Häusern besteht) und beschließe noch eine Nacht zu bleiben und am nächsten Morgen in einem der Hotspots zu arbeiten. Der Antenne sei danke kann ich mich auch etwas weiter weg stellen, so dass es nicht auffällt.

Hier wird mal wieder deutlich, dass es eben doch nicht ganz so frei ist zu Reisen wenn man währenddessen Arbeiten muss – trotzdem bin ich dankbar, dass das so funktioniert und möchte nicht tauschen…:)

Am nächsten Tag funktioniert alles reibungslos und ich fahre weiter nach Are. 250km auf vereisten Nebenstraßen, also 3-5 Stunden Fahrzeit.

Bergstation Ljungdalen
Bergstation Ljungdalen

Are

Bis die E45 beginnt, ist die Fahrt nach Are wieder ein Erlebnis. Wunderschöne Landschaften, verschneite Straßen. Kaum Menschen. Ein Traum. Ab der E45 am Rande des Storsjön an dem auch Östersund liegt, wandelt sich das Bild hin zu viel Verkehr (für schwedische Verhältnisse), gesalzene 90km/h Straße (auch das war ich nicht mehr gewöhnt) und Urlauber an Urlauber. Kein Wunder, es sind immer noch schwedische Winterferien.

Das wird ein Spaß mit der Platzsuche – denke ich mir und fange schon früh an. Nach ca. 30min vergeht mir schon die Lust und ich will erst Mal umdrehen. Das Seitental in dass ich hineingefahren war, sieht nicht so aus als gäbe es hier noch etwas zum Stehen. Doch an der Kreuzung an der ich eigentlich drehen will, entdecke ich wieder ein paar Meter freigeschobenen Schotterweg. Gerade genug um entspannt darin quer stehen zu können und noch 9-10 Meter von der Straße entfernt zu sein. Es ist die Einfahrtsstraße nach Trillevallen. Einem kleinen Skigebiet in der direkten Nähe zu Are (ca. 20km). Platz gefunden. Wählerisch bin ich schon seit Idre nicht mehr…:)

Und weil es sich anbietet – wo ich schon Mal da bin – wird am nächsten Tag direkt das Skigebiet von Trillevallen ausprobiert. Ein kleines Gebiet mit ein paar Schleppern und einem modernen 4er-Sessel. Allerdings sind die Pisten schon fast Alpin und das Gefälle mehr als ordentlich. Der Preis für die Tageskarte ist zudem sehr fair (420.-) und die Präparation einwandfrei. Auch ein Loipengebiet ist angeschlossen und Off-Piste gibt es ebenfalls viel zu sehen. Zudem versichern mit gleich mehrere schwedische Touristen im Lift, dass Are selbst aktuell zwar teuer sei aber nicht schön. Komplett überlaufen und vereist. Na dann, bleibe ich doch einfach hier.

Und genauso mache ich es auch. Mal laufe ich Alpin, mal auf der Loipe und ab und zu einfach den Berg mit den Tourenskiern hoch. Trillevallen hat alles was man braucht – außer einem Supermarkt. Aber der findet sich im nahgelegenen Are im Bahnhofsgebäude (super sortierter, großer Ica).

Und hier gibt es noch ein Highlight: Im recht schicken Bahnhof von Are stehen nicht nur Toiletten zur Verfügung sondern auch Duschen. Die kosten nichts extra, nur die 5.- Kronen für den Eintritt in den Service-Raum. Wer aber jetzt glaubt es handele sich um typische Bahnhofsduschen der hat sich getäuscht. Alles ist so ordentlich und sauber (und neu), dass selbst viele Campingplätze hier nicht mithalten können. Einfach Wahnsinn. Und die 10kr pro Stunde Parkgebühr vor dem Bahnhof bezahle ich gerne.

Are überrascht also im Nachhinein auf ganzer Linie.

Nach fast 10 Tagen und vielen Erlebnissen im Skigebiet Trillevallen, den Loipen und der freien Natur rundherum, fahre ich wieder gen Süden. Weiter nördlich zu fahren würde nur Sinn machen (für bessere Schneeverhältnisse) wenn man mindestens 1000km fährt. Und das sind bei solchen Bedingungen 2 volle Fahrtage. Wer mich kennt, der weiß, dass ich zwar gerne Auto fahre aber nicht mehr im Auto sitzen muss als nötig. Und 4 Tage nur fahren für vielleicht besseren Schnee ist mir dann doch etwas viel…:)

Etwas südlich, kurz vor Ljungdalen hatte ich mir eine Hochebene markiert auf der Fahrt nach Norden, die ich jetzt gerne näher erkunden möchte.

Und immer noch kein Internet

Also fahre ich los – mit dem Wissen, dass dort wo ich gerne hin möchte, auf der Herfahrt kein Internetempfang war und ich genau deshalb weiterfahren musste. Vielleicht nur ein temporäres Phänomen?

Nein, leider nicht. Deutlich vor der markierten Stelle bricht der Empfang wieder ab. Trotzdem entschließe ich mich eine Nacht zu bleiben um am nächsten Tag die Hochebene mit Skiern zu erkunden. Einfach zu schön ist es hier – und sogar das Wetter spielt mit.

Am Nachmittag geht es dann gemütlich weiter gen Ljungdalen und darüber hinaus nach Süden. Der festen Überzeugung, dass der Empfang kurz nach Ljungdalen wieder kommen wird habe ich keine Eile und genieße die Fahrt. Doch leider ist selbst in Funäsdalen noch kein Internet in Sicht. Inzwischen dämmert es und ich fahre und fahre. Immer mit dem Blick auf das Smartphone. Dann endlich, ca. 30km hinter Funäsdalen kommt der Empfang wieder (zumindest mit Außenantenne) und ich finde einen schönen Stellplatz neben der Straße. Leicht genervt reicht es mir für heute.

Da der Stellplatz und seine Umgebung bei Tag betrachtet eigentlich sehr schön sind und mit Antenne der Empfang ausreichen ist, bleibe ich noch 2 weitere Tage und wandere im tief verschneiten Umland bevor es wieder zurück nach Idre geht.

Idre zum Zweiten und Besuch bei Freunden

Zurück in Idre kenne ich mich ja bereits aus und brauche nicht erst nach einem Stellplatz zu suchen – das ist angenehm.

Auch hier ist es spürbar wärmer geworden, der Schnee ist hart wie Stein und die Straßen sind weitestgehend frei. Es schneit zwar immer mal wieder, der Schnee bleibt aber nicht wirklich liegen, Plusgraden sei dank – Schade.

Also suche ich mir einen schönen, sonnigen Tag heraus um nochmals das Skigebiet von Idrefjäll zu erkunden – ohne Nebel ein wirklich schönes und abwechslungsreiches Skiresort. Die restlichen Tage wandere ich durch die angrenzenden Wälder. Die Schneedecke ist jetzt so hart, dass man fast durchgehend auf ihr Laufen und damit auch größere Entfernungen zurücklegen kann.

Alles in Allem ist jetzt die Luft etwas heraus und die Bedingungen sind nicht mehr so wie ich mir das wünschen würde. Deswegen geht es nach einigen Tagen gen Heimat.

Doch vorher besuche ich noch Freunde mit einem Ferienhaus in der Nähe von Mariestad. Hier – ca. 450km südlich von Idre – ist schon der Frühling eingekehrt. Ein schöner Zwischenstopp auf dem Weg nach Göteborg was ohnehin zu weit gewesen währe um es in einem Tag gemütlich zu erreichen.

Nun, nach fast 2 Monaten in Schweden fahre ich wieder auf die Fähre nach Kiel und es ist Zeit für ein Fazit.

Schweden ist auch im Winter – oder gerade im Winter – ein wundervolles, entspanntes Reiseland für alle die, die Einsamkeit und Weite lieben. Was wir in vielen Teilen Deutschlands nicht mehr kennen ist hier quasi Normalität und das alles in einem modernen und sicheren, europäischen Nachbarland. Was will man mehr?

Schön war es. Danke Schweden für die tolle Zeit.

Hier noch ein paar generelle Reise-Infos

Bezahlen

Schweden ist extrem digital. Barzahlung ist oft gar nicht mehr möglich. Dafür Kreditkartenzahlung und so ziemlich alles was es an digitalen Zahlungsmöglichkeiten gibt.

Das schwedische Swish (eine Art Paypal) gibt es nur für Schweden. Als Deutscher kann man damit nicht bezahlen und muss eine Alternative finden. Swish wird oft bei Kleinstbeträgen (Trail fee, Waschmaschine etc.) verwendet.

Ich kann also nur jedem raten am besten gleich mehrere Kreditkarten mitzunehmen. Mir ist z.B. eine Karte gebrochen auf der Reise und ich war froh auf eine zweite und dritte zurück greifen zu können.

Einkaufen

In den Städten gibt es alle Möglichkeiten und große Supermärkte wie z.B. Ica Maxi. Auf dem Land gibt es dann noch Coop der unterschiedlich groß sein kann und Ica Supermarket (ähnlich einem kleinem Edeka von der Größe her) und Ica Nära (sehr klein, hat aber das nötigste). Es können durchaus Mal 100km oder mehr sein bis zum nächsten Supermarkt (zumindest im nördlicheren Teil).

Fähren

Nach Schweden gibt es so viele verschiedene Fähren, dass es nicht sinnvoll ist sie alle aufzuzählen. Generell günstiger sind je nach Saison die Verbindungen nach Malmö und Trelleborg, die Kiel-Göteborg und die Greena-Halmstad Fähre.

Eine Kabine ist sehr angenehm weil man ausgeschlafen ankommt und dann direkt noch ein Stück in den Norden fahren kann. Auch die Buffets auf den Fähren sind berühmt (außer es wird einem schlecht beim Fahren wie mir).

Auf der Hinfahrt war die Fähre tatsächlich fast genau so günstig oder teuer wie der Kraftstoff und die Brücken-Maut von Dänemark nach Schweden – und ich musste 450km weniger fahren. Deswegen – Auch wenn die Fähre vielleicht erst Mal teuer wirkt, rechnet das erst Mal gegen mit den Brücken etc.

Skilaufen/Skipass

Die Skigebiete sind oft sehr modern aber die Höhenunterschiede gering. Etwa vergleichbar mit deutschen Mittelgebirgen. Trotz der geringen Höhe sind viele aber sehr schneesicher. In kleineren Gebieten werden im Gegensatz zu den Alpen pro Lift sehr viele Abfahrtsvarianten angeboten (die dann aber entsprechend flach oder kurz sind). Oft gibt es nur Schlepplifte oder einfache Sessel ohne Förderband oder Umlauf. Vermutlich lohnt sich die Investition in solche Anlagen nur für große Gebiete.

Die Preise sind aktuell sehr moderat und für die gebotene Leistung mehr als in Ordnung wenn man die fehlende Höhe nicht als Nachteil sieht.

Der Skipass-Kauf ist oft nicht so einfach wie bei uns. Manchmal muss man den Pass in einem Sportgeschäft kaufen oder die Karte am Automat aufladen. Manchmal gibt es aber auch eine echte Kasse direkt unten am Lift. Ein einheitliches System wie bei uns (Kasse an der Talstation) gibt es nicht.

Viele Gebiete arbeiten entweder mit dem Axxess oder dem Skidata System. Die Chipkarte für die beiden Systeme kauft und behält man. Das heißt, sobald man beide Karten hat, kann man in den meisten Gebieten einfach die Karte aufladen und fahren. In Idrefjäll gibt es z.B. unten an der Gondel einen Automat, teils kann an der Kasse geladen werden, im Sportgeschäft oder an einem Terminal für Online-Käufe. Die Schweden sind hier übrigens sehr hilfsbereit. Das für uns etwas verwirrende System beruht sicherlich auch auf der Lager vieler Skigebiete mitten im Ort mit Zugängen von Ferienhäusern und Straßen bis hoch in die obere Ebene sowie die sehr breite Auslegung der Gebiete am Berg. Es gibt quasi nicht die eine Talstation sondern viele variable Einstiege ins Gebiet.

Spätestens in der Hütte/Restaurant merkt man dann aber wieder, dass man in Schweden ist. Hier sind die meisten Dinge durchaus 25-50% teurer als bei uns (je nachdem wo ihr normalerweise Ski lauft und die Schweiz mal ausgenommen). Eine Suppe liegt z.B. bei ca. 125 bis 175 Kronen und viele Hauptspeisen sind deutlich über 200 Kronen. Pizza gibt es dafür manchmal extrem günstig – warum auch immer.

Loipen sind teils kostenlos, teils kostenpflichtig. In den großen Touristenzentren gibt es fast immer ein Trail-Fee, das man meistens online bezahlt. Die Bestätigungs-Email oder SMS ist dann quasi der Skipass. Oft sind die Loipen (oder Teile davon) auch beleuchtet.

Straßen

Die großen Hauptstraßen sind geräumt und gesalzen. Die kleineren Verbindungsstraßen geräumt und teils gesplittet (zumindest in den Kurven). Auf Nebenstraßen wird nur noch geräumt.

Unter der Schneedecke ist meist eine massive Eisschicht. Winterreifen sind also Pflicht. Die Schweden fahren fast alle Spikes (in Mittel- und Nordschweden). Ob ihr Eindrehspikes verwendet bleibt euch überlassen. Ketten mögen bedingt sinnvoll sein z.B. bei Wohnmobilen, sind aber auf dem Eis auch keine schöne Lösung. Allrad braucht man nicht unbedingt, es kann aber von Vorteil sein, z.B. bei der Schlafplatzsuche.

Wer Nachts fahren möchte oder muss, der braucht Licht. Die Schweden montieren sich nicht aus Spaß Zusatz-Scheinwerfer vor den Kühler sondern weil es praktisch und sicher ist.

Frei Campen

Stellplätze zu finden ist im Winter erheblich mehr Aufwand als im Sommer weil ja geräumt sein muss (außer die Schneedecke ist so dünn, dass man einfach durch fahren kann). Man sollte im Winter nicht ganz so wählerisch sein, da aber auch sonst kaum Camper unterwegs sind, hat man die freie Auswahl. Bitte schaut, dass ihr niemanden blockiert und auch nicht in der Nähe von Häusern etc. steht. Die Schweden gehören zu den Völkern, die nicht unbedingt etwas sagen würde wenn sie sich gestört fühlen.

Frischwasser/Müllentsorgung

Beides kein Problem, auch nicht im Winter

Müllentsorgung inkl. Recycling gibt es in jedem Dorf, meist frei zugänglich und Frischwasser kann an vielen großen Rastplätzen und Tankstellen aufgefüllt werden.

Allgemeines zum Wintercamping in Skandinavien

Noch einige Hinweise zum Wintercamping.

Wintercamping: Gefrorene Scheiben im Troopy in Ljungdalen
Gefrorene Scheiben im Troopy in Ljungdalen

Checkt vor Abfahrt die Starterbatterie und die Standheizung. Beides sollte einwandfrei funktionieren. Bei zweistelligen Minusgraden irgendwo im Nirgendwo kann ein Defekt schnell ungemütlich werden.

Die Reifen sind natürlich genau so wichtig und sollten einwandfrei und mit genug Profil sein – ist ja klar.

Der Solarertrag ist nicht so hoch wie im Sommer weil die Sonne in Skandinavien im Winter sehr flach steht und damit oft durch Bäume etc. verdeckt wird.

Ein kleiner Gasbrenner zum Enteisen ist eine feine Sache. Man glaubt nicht was bei -20 Grad alles einfrieren kann…:)

Nehmt immer genug Kraftstoff mit um nicht an der Heizung sparen zu müssen (auch wegen Feuchtigkeit im Auto). Tanken ist zwar in Schweden kein Problem, die nächste Tankstelle kann aber schon Mal 100km entfernt sein.

Wer eine moderne LiFePo4 Batterie im Auto hat der sollte auf die Ladetemperaturen achten. Je nachdem ob die Batterie einen Yttrium Zusatz hat oder nicht, mag sie das Laden bei Minustemperaturen nicht.

Wenn die Scheibenwischer gerne vereisen (wie beim J7), dann nehmt etwas mit oder baut Euch zu Hause etwas, dass Wischerblätter warme Luft abbekommen – Im J7 kann man einfach einen Pappstreifen an die Scheibe stellen und schon wird die Scheibe auch dort warm wo die Wischer liegen.