On-the-road: Arbeiten im Buschtaxi, wie geht das?

Schon bei der Heimfahrt von der PanAmericana war uns klar: Reisen ist unser Ding. Aber da wir noch bei weitem nicht in Rente sind, könnte das auf Dauer schwierig werden. Auch eine noch so günstige Reise will finanziert werden. Also stellt sich die Frage wie man beides verbindet – Arbeiten und Reisen.

Im Gegensatz zu den berühmten digitalen Nomaden, die von jedem Platz der Welt aus arbeiten können, sind unsere Jobs leider etwas ortsgebundener. Mein Online-Shop ist ein sehr stationäres Geschäft, dass sich schlecht mal eben einpacken und mitnehmen lässt. Zumindest so wie ich es betreibe mit echter Lagerhaltung, Entwicklung und Produktion vor Ort.

Um das alles von unterwegs aus organisieren zu können bedarf es also einigen Anpassungen.

Auf genau diese Transformation möchte ich nun etwas genauer eingehen. Vor- und Nachteile erläutern und euch einen kleinen Einblick in den Alltag geben.

On-the-Road Arbeiten im LandCruiser HZJ78
Arbeiten von unterwegs – mittlerweile kann ich den Exped-Innovations Onlineshop auch beim Reisen im Buschtaxi leiten

Der erste Online Shop bei Ebay

Mein Geschäft war seit den Anfängen vor ca. 20 Jahren immer schon sehr Ebay basiert und breit gefächert sowie auf meine ständige Präsenz ausgelegt.

Funkgeräte, Brillengestelle, Restposten aus Betrieben und Toyota Radios und Navigationssysteme – im Laufe der Jahre habe ich mich auf viele verschiedene Dinge spezialisiert. Egal ob Auktionen, Einbauten, Reparaturen, Versand. Das alles war schon immer eine One-Man-Show und schwer bis gar nicht auszulagern oder von unterwegs aus zu managen.

Für die Reise auf der Panamericana habe ich das Geschäft deswegen für 2 Jahre komplett geschlossen.

Umstrukturierungen

Nach der Reise wurde der Plan das Geschäft komplett umzustrukturieren dann Stück für Stück umgesetzt.

Alte Artikel wurden abverkauft und „Exped-Innovations“ neu aufgebaut. Ein Testballon, der schlussendlich genau das ermöglicht was wir jetzt endlich machen.

Dass ich nicht genau so wie vorher weiter machen möchte, das stand aber von vorneherein fest. Zu sehr hat sich das Online-Geschäft (und vor allem Ebay) gewandelt – nicht unbedingt zum Positiven aus meiner Perspektive. Also müssen alle alten Artikel raus und das Lager füllt sich mit J7 Ersatzteilen.

Der neue Exped-Innovations Shop ist nun endlich etwas was mir so viel Spaß macht, dass die Arbeit nicht nur Arbeit ist, sondern auch ein Stück weit Fabel und Hobby. Mein Know-How im Versandgeschäft kann ich weiterhin nutzen und endlich etwas verwirklichen was immer mein Wunsch war – ein eigener Online-Shop ohne auf Plattformen wie ebay und Co. angewiesen zu sein.

Mehr und mehr entwickelt sich Exped-Innovations zu einem Projekt, das irgendwann ein Mal alle sonstigen Angebote ersetzen und uns den Reise-Alltag sichern könnte – das hätten wir kaum für möglich gehalten. Nun fange ich an mir ernsthaft Gedanken zu machen. Gedanken darüber, wie man das Geschäft Auf- und Umbauen müsste um in Zukunft öfter Mal nicht präsent sein zu müssen. Dazu gehört natürlich auch ein Angestellter oder eine Angestellte, die die Dinge zu Hause erledigt, für die Jemand zwingend vor Ort sein muss – Lieferungen annehmen, Retouren, Lagerhaltung, Versand, usw..

Über Monate hinweg baue ich das Büro und Lager komplett um. Jeder Artikel muss so angeordnet sein, dass er schnell zu erreichen ist und ihn auch jemand findet, der nicht weiß wie ein Achsschenkellager oder ein Spurstangenkopf aussieht. Abläufe müssen standardisiert werden, um Zeit zu sparen. Leider sind auch die gebrauchten Pakete und das Verpackungsmaterial, dass ich der Umwelt zu Liebe fast ausschließlich genutzt hatte, nicht mehr vollständig zu halten. (Ordentlich bezahlte) Angestellte sind in Deutschland zu teuer, um aus einem Paketstapel den passenden Karton heraussuchen zu können.

Also bekommen wir neue Standardkartons, Verpackungsmaterial auf der Rolle und vieles mehr, was die Arbeit, besonders im Versand, erleichtert und effizienter macht.

Sogar Drucker etc. müssen ausgetauscht werden, da alles so fehlerfrei funktionieren muss wie möglich – wenn der Chef mal nicht vor Ort ist.

Nach etwas über 2 Jahren ist der Umbau fertig und alle Baustellen sind beseitigt.

Schlussendlich verabschiede ich mich dann auch noch von der seit über 15 Jahren genutzten Abwicklungs-Software, die sowieso immer schon viel zu kompliziert und umfangreich war. Die neue Software ist Cloud-Basiert und damit von beliebig vielen Benutzern weltweit gleichzeitig zu benutzen – vorausgesetzt man hat Internet.

Das alles sind hohe Erst-Investitionen, an die ich mich nur Stück für Stück gewöhnen kann. Die aber nötig sind wenn wir entspannt Reisen wollen.

Und Last but not Least braucht es ein/e zuverlässige/n Mitarbeiter/In. Hier findet sich deutlich schneller als gedacht jemand über Facebook (eine mir bis dato eher unbekannte Möglichkeit Arbeitskräfte zu finden). Bis heute sind wir froh, dass wir eine so zuverlässige Angestellte haben, die 2x pro Woche ins Geschäft kommt und die Bestellungen bearbeitet.

Und was macht der Chef?

Der kümmert sich, wenn er zu Hause ist, 7 Tage die Woche um das alltägliche Geschäft sowie neue Artikel, Entwicklungen, Produktion, Umbauten im Büro und um alles was von Unterwegs nicht erledigt werden kann.

Das erfordert unter Umständen deutlich mehr Arbeitseinsatz als die „normale“ 40 Stunden Woche, ist aber als Selbstständiger sowieso nichts Neues. Zumal der zusätzliche Aufwand jetzt mit einem Ziel verbunden ist – der Freiheit endlich mehr Reisen zu können.

Und wie läufts unterwegs?

Sind wir dann endlich on-the-road, geht es selbstverständlich nicht mehr ganz so unbeschwert zu Gange wie noch auf der Panamericana. Nicht nur, dass man Montag bis Sonntag die Firma im Kopf hat. Es müssen auch Kundenanfragen abgearbeitet werden, Bestellungen und Versand vorbereitet, Probleme geklärt, Telefonate geführt werden usw..

Zusätzlich unterstütze ich meine Mitarbeiterin live per Chat und Telefon beim Verpacken, so dass wir mindestens 2x pro Woche schnelles und stabiles Internet brauchen. Zu festgelegten Zeiten. Und auch zwischendrin sind mehrere Tage ohne Internet und Telefonempfang eigentlich kaum möglich.

Aber das alles hört sich schlimmer an als es ist. Man gewöhnt sich an die „Einschränkungen“ und lernt damit umzugehen. Hat man mal gerade überhaupt keine Zeit einen Kunden ausführlich und in Ruhe zu beraten (und das ist mein Anspruch), ruft man ihn eben etwas später wieder zurück wenn es besser passt (oder der Empfang besser ist). Auch der etwas verzögerte Versand stellt nur selten ein Problem dar. Bis jetzt treffen wir hier fast durchgehend auf Verständnis bei unseren Kunden.

Pflicht hingegen sind eine große Antenne auf dem Autodach für stabiles Internet, eine zweite zum zusätzlichen Verstärken, lokale SIM-Karten mit großen Mengen an mobilen Daten und genug Strom zum Laden von Laptop und Smartphone.

Sitzbereich im Innenraum
Arbeiten im Troopy – Beifahrersitz oder die gemütliche Variante auf der Sitzbank

Hier habe ich lieber alles etwas überdimensioniert, um im Falle des Falles eine stabile Verbindung zu bekommen. Schließlich wollen wir unsere Reiseziele und Schlafplätze nicht ausschließlich nach der Empfangsstärke aussuchen.

Jetzt gerade – während ich den Artikel schreibe – testen wir mal wieder die Grenzen des mobilen Arbeitens aus indem wir zu zweit und mit Hund eine Pyrenäendurchquerung machen. Zu Fuß mit Rucksack und Zelt knapp 1000km von Hendaye nach Banyuls-sur-Mer. Im Gepäck sind natürlich auch 2 Handys, Laptop, Powerbank, Netzteile und vieles mehr was groß und schwer ist – ich aber zum Arbeiten brauche.

Arbeiten von unterwegs geht auch mit Minimalausstattung beim Wandern in den Pyrenäen

Und auch das funktioniert bis jetzt fast problemlos. Vorausgesetzt man plant vorausschauend im Hinblick auf Empfang, Nachladen und Pausen zum Arbeiten. Nur die telefonische Erreichbarkeit dürfte im Moment deutlich eingeschränkter sein als sonst. Da es aber noch viele weitere Kontaktmöglichkeiten gibt (und auch einen Anrufbeantworter) sehe ich das als wenig problematisch. Der größte Faktor bleibt im Moment das Gewicht der Ausrüstung (das ist im Auto natürlich nebensächlich).

Vor- und Nachteile des mobilen Arbeitens

Hier noch eine persönliche Zusammenstellung.

Vorteile:

  • Man arbeitet an schönen Orten (manchmal auch an nicht so schönen aber zumindest nicht im Büro)
  • Man hat die Freiheit zu Reisen
  • Man kann Dinge tun (z.B. Skilaufen, Surfen etc.) die man sonst von zu Hause aus nicht tun könnte oder nur für wenige Tage/Wochen in einem normalen Urlaub.
  • Man hat ein Ziel / einen Zweck für was man arbeitet und kann es live erleben
  • Es ist eine neue Herausforderung für die es gilt Lösungen zu finden
  • Die Reise „finanziert“ sich über die Arbeit, das schafft ein besseres Gefühl, gerade als Selbstständiger
  • Wir können das was wir verkaufen wirklich testen und Erfahrungen sammeln. Während der Arbeit.

Nachteile:

  • Man ist eben doch nicht immer erreichbar oder vor Ort und kann z.B. einen Kunden mal nicht vor Ort empfangen. Hier ist auch etwas Verständnis von Kundenseite her gefragt.
  • Es ist kein Urlaub
  • Vieles auf der Reise muss um die Arbeit herum geplant werden.
  • Man kommt unter Umständen nicht so schnell voran wie man möchte
  • Im Kopf ist nur selten wirklich Freizeit
  • Man muss immer damit rechnen schnell nach Hause zu müssen
  • Das Geschäft hat oft Priorität vor der Freizeitgestaltung
  • Vieles muss vorher umstrukturiert werden, das verursacht mitunter hohe Kosten
  • Probleme lassen sich oft nicht so einfach lösen wie von zu Hause aus
  • Ein/e Mitarbeiter/In ist nicht der Chef und erledigt die Dinge oft nicht ganz genau so wie man das selbst machen würde. Das ist selbstverständlich und sollte vorher schon klar sein.
Arbeiten von unterwegs heißt auch bei Wind und Wetter beim Wandern erreichbar zu sein, um Probleme zu Hause per Telefon zu klären

Die Vor- und Nachteile abzuwägen bleibt jedem selbst überlassen. Letztlich entscheiden die Prioritäten, die man sich selbst setzt über die Gewichtung einzelner Punkte. Wir kennen inzwischen die Nachteile und können damit umgehen. Wir wissen aber auch, dass die Alternative dazu heißt zu Hause zu bleiben und nicht zu Reisen. Und das wiegt dann eben sehr viel wieder auf, wenn die Prioritäten auf dem Reisen liegen.

Abschließend lässt sich sagen, dass es bis jetzt alle Anstrengungen wert waren und wir uns auf viele weitere Arbeits-/Reisetage freuen.

Viel Spaß beim Reisen

Till

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