Testfahrt nach Island: Feuer und Eis – oder wie wir Hottahüs Namen fanden
Island. Ständig erzählen alle von der größten Vulkaninsel der Erde. Reisende ebenso wie die Nachrichten. Momentan ein sehr angesagtes Reiseziel, lockt es doch mit unvergleichlichen Naturwundern! Es besticht mit guter Infrastruktur bei gleichzeitig sehr geringer Bevölkerungsdichte, gerade mal 320.000 Einwohner, 3 Einwohner pro km2, davon können wir in Deutschland nur träumen. Geschmälert wird diese Zahl lediglich von den ca. 800.000 Touristen pro Jahr (2013), Tendenz stark steigend!
Was ist das faszinierende an Island? Wir wollen es herausfinden und gleichzeitig testen, ob wir und unser Fahrzeug reisetauglich sind bevor es auf große Fahrt geht.
Wir wollen es herausfinden und verschiffen unser Auto für drei Wochen nach Island. Die MS Norröna (Smyril Line) fährt von Hirtshals in Dänemark nach Seyðisfjørður an der Ostküste Islands und ist knapp 2 Tage unterwegs. Trotz anfänglicher Zweifel und verstörenden Internetberichten entscheiden wir uns für die günstigste Variante des Übernachtens und buchen die sogenannten Couchettes auf der Fähre. Dabei handelt es sich um 6er oder 8er Kabinen im Rumpf des Schiffs. Sie sind mit Stockbetten und gummierten Matratzen ausgestattet, es gibt wenig Platz für Persönliches und durch die Schwingtür haben viele Leute Zutritt zu dem Raum (eine gesicherte Tür gibt es nur für einen größeren Bereich, der mehrere Couchetten beinhaltet). Auch wenn dies zunächst abschreckend klingt waren wir vollends zufrieden mit unserer Unterkunft! Tagsüber gibt es auf dem Schiff viele Sitzgelegenheiten, sowie einen Fitnessbereich und Hot Pools an Deck, sodass eine eigene Kabine nach unserem Empfinden nicht nötig ist. Einziger Kritikpunkt: wir reisen zu zweit und wurden in zwei unterschiedliche Zimmer gebucht.
Wir starten unsere Tour in Seyðisfjørður und fahren zunächst nach Egilsstaðir, der nächsten Stadt, in der wir erst mal Besorgungen erledigen. Wir empfehlen den Bónus Supermarkt, eine Supermarktkette mit sehr günstigen Einkaufsmöglichkeiten. Wir sind überrascht, dass es in Island so günstige Lebensmittel gibt und machen gleichzeitig den Fehler zu zaghaft Einzukaufen und merken erst einige Tage später, dass andere Supermärkte durchaus teurer sind (vor allem in kleinen Touristen überladenen Städtchen wie wir schmerzlich erfahren werden…). Auch der Kauf einer isländischen SIM Karte (Simmin) klappte problemlos nachdem wir das Lädchen hinter der Tankstelle entdeckt hatten. Im ersten Moment verstehen wir nicht, warum der Reiseführer Egilsstaðir zwar als nicht hübsch, aber durchaus als ein Zentrum des Handels mit guten Services wie Unterkünfte und Restaurants anpreist. Diese Meinung ändern wir grundlegend, nachdem wir nach drei Wochen wieder hierher zurückkommen!
Wir reisen normalerweise ohne feste Route und bleiben dort, wo es uns gefällt. Unsere erste Station führt uns nach Borgarfjörður eystri, wo wir das Glück haben Papageientaucher zu beobachten. Auch auf dem Ausleger Langanes entdecken wir die Vögel, genauso wie einen Vogelfelsen mit Basstölpeln. Wir sind die einzigen Besucher und fasziniert von den Vögeln, die man bequem von einer Plattform beobachten kann, leider bei 6°C im Nebel.
In Rauðanes machen wir einen Abendspaziergang und erfreuen uns an den Felsformationen. Hier finden wir auch einen ruhigen Übernachtungsplatz. Wir informieren uns am nächsten Tag im Touristenzentrum in Ásbyrgi über unsere weitere Route und gesperrte Straßen im Hochland. Auf dem Weg nach Süden entdecken wir einzigartige Felsformationen in Jökulsárgljúfur und sind beeindruckt von dem riesigen Dettifoss!
Auf der F88 geht’s am nächsten Tag Richtung Askja. Kilometerlang fahren wir durch unbesiedeltes Lavagebiet. Eine unglaubliche Weite erfasst uns. Die F88 ist eine Schotterpiste und nur für 4WD Fahrzeuge gedacht, dementsprechend wenig Fahrzeuge begegnen uns. Die Fahrt an sich ist relativ anspruchslos und auch die drei Flussdurchfahrten sind ohne Probleme auch von kleineren Fahrzeugen passierbar. Der Fußweg nach Askja geht dann ca. 2 km durch knietiefen Schnee. Bei Askja handelt es sich um ein Vulkansystem des Vatnajökull-Nationalpark, in der Mitte der relativ jungen Caldera (1875) befindet sich der See Öskjuvatn, einer der größten Seen Islands. Ebenfalls von einem See ausgefüllt ist der Víti-Krater, der durch seine türkise Farbe wohl die meisten Besucher anlockt.
Noch mehr hingegen sind wir begeistert von dem neuen Lavafeld Holuhraun. Im August 2014 begann eine Spalteneruption, diese Ausbruchsserie des Bárðarbunga Vulkansystems hielt an bis Februar 2015 und produzierte ca. 1,4 km2 neue Lava. Das Betreten ist nur auf markierten Wegen zugelassen, da die neue Lava noch instabil ist und die Gefahr eines Gasaustritts gegeben ist. Unser Highlight ist unser erstes (und schönstes!) Bad im thermal gewärmten Wasser. Wir sind glücklich, dass wir dies in quasi ursprünglicher Form genießen durften und sind überzeugt, dass dieses Erlebnis in naher Zukunft kommerzialisiert wird.
Wieder zurück aus dem Hochland erleben wir in der Myvatn Region weitere Highlights von Island: der Geruch von Schwefelwasserstoff weist uns den Weg zum Solfatarengebiet Hverir. Durch die geothermale Aktivität erscheint die Umgebung in dem typischen braunen Ockerton, es erinnert an eine Mondlandschaft. Dampf tritt aus der Erde auf und an vielen Stellen gibt es blubbernde Schlammtöpfe! Besonders beeindruckt hat uns die Höhle Grjotagjá. Sie besticht mit unglaublichen Farben und einer besonderen Atmosphäre.
Auf einem spontanen Abzweig von der 87 stehen wir plötzlich mitten in einer Herde von Islandpferden die munter an uns vorbeitraben. Kurze Zeit später entdecken wir durch Zufall zwei riesige Krater. Die Straße war zwar gesperrt, aber als wir isländische Arbeiter fragten winkten sie uns zu und erlaubten uns die Durchfahrt. Der „kleine“ Krater ist kreisförmig und wahrscheinlich einfach nach unten weggebrochen, sodass ein beeindruckender Krater entstand. Dagegen wirkt sogar unser Auto wie ein Spielzeug. Der Weg hierhin ist anspruchsvoll, der Parkplatz bietet Platz für 3-5 Fahrzeuge, das finden wir optimistisch!
In Akureyri machen wir erstmal einen Großeinkauf im Bónus, dann schlendern wir durch unsere erste isländische Stadt durch Klamotten-, Outdoor- und Souvenirläden. Auch kulinarisch wird einiges geboten! Wieder neu versorgt geht es auf der F26 gen Süden, wieder durchs Hochland. Die Route ist schön, beeindruckt uns aber nicht so sehr wie unser erster Ausflug nach Askja. In den natürlichen Pools in Laugavegur entspannen wir uns. Natürlich ist hier übrigens relativ zu sehen: die Pools wurden angelegt und gehören zu einer Hütte und kosten Eintritt (den wir gerne bereit sind zu zahlen).
In Landmannalaugar werden die Pools ebenfalls gelobt, sind uns allerdings zu voll. Dank starkem Regen haben alle Flüsse in der Umgebung Hochwasser, wir sehen mehrere Autos im Fluss stehen, teilweise vollgelaufen. Einem französischen Paar helfen wir bei der Bergung des Mietautos, wir hoffen, dass sie gut versichert waren, wobei Wasserschäden oft ausgenommen sind bei der Versicherung… Auch im Hochland haben wir trotz Verbot mehrere 2WD Fahrzeuge gesehen, eines davon ist in der Kurve 100 m von der Piste gerutscht. Ein Risiko, dass man einkalkulieren sollte. 100 km von der nächsten echten Straße entfernt kann man das der Autovermietung wohl kaum verheimlichen.
Uns erwischt es leider auch und ein Stoßdämpfer bricht einfach durch. Wir können das vor Ort provisorisch reparieren und erstmal weiterfahren. In einem Geschäft in Sauðárkrókur bekommen wir schließlich zweierlei, Ersatz für unseren Stoßdämpfer und wir finden Hottahüs Namen und das war so:
Unser Auto, bisweilen nur als „Troopy“ bezeichnet, führte ein glückliches Leben, jedoch fehlt zu dem perfekten Glück bislang der richtige Name. Es sollte ein besonderer, nicht zu langweiliger, aber doch einprägsamer Name sein. Sicherlich hatten wir viele Ideen, aber keine davon passte wirklich zu unserem Auto. In Sauðárkrókur landeten wir um Ersatz für den gebrochenen Stoßdämpfer zu beschaffen, wir wurden freundlich und fachkräftig beraten und die Dame scheute keine Mühen und telefonierte um das passende Ersatzteil für uns zu finden. Und da passierte es. Beim Durchgeben der Fahrzeugdaten. Unser Fahrzeug, HZJ78, wurde auf Isländisch buchstabiert und klang für uns ungefähr so: „Hü-Hotta-Hü“. Ob die Dame einen starken Akzent hatte, oder evtl. einige der Buchstaben und Zahlen durcheinandergeworfen hat, wir wissen es nicht. Was wir aber mit Sicherheit sagen können ist, dass wir den Namen von unserem Gefährt gefunden haben, ihr ahnt es schon: Hottahü!
Am nächsten Tag schon kommt unser neuer Stoßdämpfer, wir bauen ihn sofort ein und sind gerüstet für den Rest der Fahrt. Diese führt uns über die Halbinsel Snæfellsnes, wo wir auch Robben sehen, weiter nach Reykjavík. Der Campingplatz ist durchaus in Ordnung. Man kann zu Fuß in die Innenstadt gehen und auch die Kochgelegenheiten, Waschmöglichkeiten und Sanitäranlagen können sich sehen lassen. In Reykjavík genießen wir vor allem die kulinarischen Angebote und nutzen die Möglichkeit bei der „Handknitting Association of Iceland“ handgestricktes zu kaufen. Auch Wollvlies und Lett Lopi ist zu haben. Oft haben wir im Shop vieler „Hauptattraktionen“ auch Islandpullover (Lopapeysur) aus Asien gesehen. Und natürlich Leute die es gekauft haben…
Um die blaue Lagune, das Wahrzeichen Islands machen wir einen großen Bogen. Wir verstehen den Hype nicht, immerhin zahlt man hier mindestens 40 Euro Eintritt für etwas, dass man woanders für ein Zehntel des Preises bekommt. Nichtdestotrotz zählt ein Besuch hier bei den allermeisten Besuchern zu einem absoluten MUST DO. Der „goldenen Zirkel“ bietet viele Sehenswürdigkeiten und kann in einem Tag abgehakt werden, auch hier stehen wir oft in der Reihe mit Reisebussen und müssen uns unseren Platz erkämpfen, das ist so gar nicht nach unserem Geschmack.
Im Süden Islands besuchen wir den Strand Reynisfjara direkt an der Ringstraße. Anschließend kommen wir zu dem Vatnajökull National Park und übernachten in Skaftafell. Der Gletscher ist beeindruckend und in Fjallsárlón und Jökulsárlón sieht man riesige blaue Eisberge vorbei driften.
Ein letzter Abstecher führt uns zu den Laki-Kratern. Ein kurzer Wanderweg beinhaltet einen tollen Ausblick auf die Kraterreihe und wir sehen grüne und bemooste Landschaften. Auf der F206 wird ein 4WD benötigt, wir erleben hier die vom Fahren her anspruchsvollste Route und sind froh, die Wathose eingepackt zu haben. Wir durchlaufen die bisher tiefste und längste Wasserdurchfahrt zunächst, beschließen, dass es machbar ist und wagen die Durchfahrt. Das Wasser schwappt über die Motorhaube bis an die Scheibe, aber wir kommen ohne Probleme auf der anderen Seite an.
Bei miesem Wetter mit starkem Regen kommen wir wieder in Seyðisfjørður an. Wir teilen uns den Campingplatz mit weiteren Fahrzeugen, die alle auf die Fähre warten. Am nächsten Tag geht es früh zur Fährstation und auf dem gleichen Weg wieder zurück nach Hirtshals.
Unser Fazit:
- Ein sehr schönes Land, das nicht nur viel verspricht, sondern auch viel hält
- Wenn man will, kann man hier noch einiges entdecken, auch abseits der frequentierten Ringstraße
- Durch freies Campen und kochen kann auch ein Island-Urlaub durchaus günstig sein
- Wir haben alle Menschen als freundlich und entspannt erlebt. Die einzige Ausnahme: Bei Fahren abseits der Pisten verstehen die Isländer keinen Spaß! Zahlreiche Ranger patrouillieren und wir wurden mehrfach persönlich und mit Handzetteln instruiert, was erlaubt ist und was nicht.
- Sicherheit wird groß geschrieben: bei Wanderungen muss man bei den Rangern die geplante Route hinterlegen und sich auch wieder zurückmelden
- Unsere persönlichen Highlights:
- unser zufällig entdeckter „kleiner“ Krater
- und Papageientaucher
- Baden in geothermal erwärmten Wasser bei dem neuen Lavafeld