Ersatzteile auf Reisen. Was muss mit für den J7?

Oft werde ich gefragt was für Ersatzteile wirklich wichtig sind und was man lieber zu Hause lassen sollte.
Erst ein Mal ist das natürlich persönliche Geschmackssache. Ob man nun wirklich komplette Lichtmaschinen, Achsträger oder Dämpfer mitnehmen muss (alles schon gesehen), das finde ich fraglich.
Mit unserem LandCruiser HZJ78 sind wir auf einigen kleinen Touren und von 2016 bis 2018 auf und neben der Panamericana unterwegs und bereiten uns gerade auf die nächste große Tour vor. Wir Reisen primär alleine und sind gerne fernab unterwegs.
Wie also machen wir das?
Primär gilt, wir nehmen alles das mit was klein und leicht ist (Dichtungen, Relais, oder auch Lager) oder/und was bei einem eventuellen Ausfall definitiv schnell repariert werden muss um weiterfahren zu können (z.B. zur nächsten Stadt).
Dort kann dann ein entsprechendes Ersatzteil besorgt oder das defekte Teil in Ruhe repariert werden.
Ein paar kurze Beispiele:
Bricht bei einem blattgefederten Fahrzeug ein Dämpfer oder eine Federlage, kann ich trotzdem weiterfahren. Gleiches gilt für verbogene Stabilisatoren etc.. Ausbauen und vorsichtig weiterfahren.
Schlägt ein Lager aus oder geht eine von vier Bremsen nicht mehr ist auch das kein Problem. Ein paar hundert Kilometer kann damit (mit großer Vorsicht) immer noch fahren – in den dementsprechenden Regionen der Welt. Auf der deutschen Autobahn ist das natürlich zu empfehlen.
Auch eine defekte Lichtmaschine kann durch die Zuhilfenahme der Bordbatterie erst ein Mal überbrückt werden.
Es gibt also nur wenige Dinge, die einen wirklich am Weiterfahren hindern können. Welche da genau sind sollte man im Vorfeld recherchieren und seine Ersatzteile dementsprechend anpassen (je nach Fahrzeughersteller und Modell).
Was also muss unserer Meinung nach mit für einen LandCruiser J7?
Erst ein Mal alle Werkstatthandbücher. Möglichst in gedruckter Variante. Egal wo man ist, es findet sich schon jemand der etwas reparieren kann und dann ist das Handbuch die Anleitung dazu wie es gemacht wird. Wenn ich es selbst mache, dann liegt auch oft das Handbuch daneben wegen Drehmomenten usw.
Dass es sinnvoll ist Schaltpläne mitzuführen ist ja sowieso klar. Also bitte auch alle Elektrik Handbücher und Zusatz-Handbücher mitnehmen. Auch wenn das groß und schwer sein mag (je nach Fahrzeug).
Bei einem HZJ78, Baujahr 2001 sind das z.B. 6 Bücher mit insgesamt ca. 5 kg Gewicht (Elektrik, Fahrwerk und Motor inkl. Zusatzhandbücher)
Dichtungen sind bei uns ebenfalls immer dabei. Achsdichtsatz, Auspuff-Dichtung, Birfield-Dichtungen, Kühlerdeckel und was man sonst noch so findet. Wiegt fast nichts (bei uns insgesamt vielleicht 500 g), erspart einem aber die Sachen bestellen zu müssen, wenn man sie vor Ort überhaupt bekommt. Und man hat Original-Qualität.
Lagernehme ich persönlich nur zwei mit. Einen Satz Kreuzgelenke und einen Satz Radlager. Die Radlager passen beim J7 zum Glück hinten und vorne. Sie müssen meistens sowieso nur nachgestellt werden aber wenn mal getauscht werden muss, dann sollte man das auch tun. Gerade mit großen Reifen und voll beladen. Gleiches gilt für die Kreuzgelenke.
Elektrik. Neben einigen Kabeln und Sicherungen in verschiedenen Stärken (kann man immer gebrauchen) ist immer eine Hauptsicherung (Fusable link) und ein paar Universalrelais (einfache Schließer oder Wechsler bis 40 oder 50 A) dabei. Und natürlich das absperrende Magnetventil der Einspritzpumpe. Man könnte zwar auch erst Mal ohne weiterfahren, das Ventil ist aber so klein, dass ich es immer mitnehmen würde.
Verschleißteile wie Bremsbeläge, Dieselfilter und Ölfilter fahren auch immer mit, das muss aber natürlich nicht unbedingt sein. Wer die EBC Green Stuff (oder sonstige Ersatz-Beläge) Beläge fährt und nicht gerade in Europa oder den USA unterwegs ist, der sollte einen Satz mitführen (schwer zu bekommen). Da ich persönlich nur original Ölfilter verwende und es die nicht immer und überall gibt, sind auch davon immer 2-3 im Gepäck. Bei Dieselfiltern gilt das gleiche. Zumindest einen alten funktionierenden sollte man immer einpacken um ihn im Notfall schnell austauschen zu können. Das hängt aber alles von der persönlichen Reisegeschwindigkeit ab und ob man unbedingt Originalteile verwenden möchte. Irgendwelche Beläge und irgendeinen Filter gibt es meistens zu kaufen (vorher informieren, siehe Verfügbarkeit).
Und dann noch die Flüssigkeiten. Scheibenwaschkonzentrat, Bremsflüssigkeit, etwas Getriebe- und Motoröl, Kühlmittelkonzentrat sowie Fließverbesserer für kalte Regionen. Von jedem ca. 500 ml sind bei uns immer irgendwo versteckt. Größere Mengen halte ich für wenig sinnvoll, da es meistens nur um Nachfüllen geht. Ist eine eventuelle Undichtigkeit schon so schlimm, dass man mehrere Liter bräuchte, sollte man sich sowieso überlegen ob man weiter fährt. Und irgendein Öl gibt es fast überall auf der Welt (bei den meisten älteren Motoren wäre es auch völlig egal ob man nun 0w20 oder 50W30 rein schüttet…bis zur nächsten Werkstatt käme man damit sicherlich ohne Schäden am Motor. Und das gleiche Öl würde im Heckdifferenzial auch genügend kühlen und schmieren um wenigstens mit 30-50 km/h weiter zu fahren.
Ersatzrad. Muss mit. Nicht wenige Reisende „schleppen“ 2 Ersatzräder oder zumindest eine zweite Reifendecke mit sich durch die Gegend. Wie bei vielem ist das eine Glaubensfrage. Wir hatten auf 85.000 km kein einziges Reifenproblem, was aber sicher auch an den extrem dicken und schweren Toyo MTs liegt. Generell bin ich der Meinung, dass ein Ersatzrad und ein Reparatur-Kit ausreichend sind. Auch bei extremeren Touren. Das zusätzliche Gewicht für ein weiteres Rad ist enorm, vom Platz mal abgesehen.
Universell kann ich übrigens Kabelbinder jeder Größe empfehlen. Auch gerne in Edelstahl und 500 mm oder mehr. Dazu noch einige kleine Gurte und Klebeband sowie Dichtmittel. Damit lässt sich fast alles reparieren…:)
Das sind natürlich nur die Ersatzteile das Fahrzeug betreffend. Für den Ausbau gilt ebenfalls – klein und leicht, bzw. schwierig zu bekommen und im Fall eines Ausfalls schnell zu Ersetzen? Dann lieber mitnehmen. Bei uns sind das ein paar Kabel, Sicherungen und Spezialschrauben.
Das alles hört sich ziemlich viel an, ist aber zusammengenommen nicht mehr als eine mittlere Handtasche voll. Gesamtgewicht irgendwo um die 5-15 kg (mit Belägen und Filtern).
Prävention
Wer vor Reiseantritt viele Teile erneuert, spart sich im Zweifel Arbeit und Werkstattaufenthalte. Vor unserer 2 ½ jährigen Panam-Reise hatte ich z.B. neue Fahrwerk-Gummis, neue Dämpfer, neue Wasserpumpe und Zahnriemen verbaut. Dazu noch sie Einspritzdüsen überholt und die Bremsen vorne komplett erneuert.
Zusätzlich hatten wir schon einige Zeit vorher das Getriebe gegen ein neues Getriebe aus dem Benziner-Modell getauscht. Leider eine der weniges Schwachstellen des J7 ab 2000 mit dem 1HZ Motor. Das Getriebe ist zu schwach ausgelegt und kann, gerade bei voller Reisebeladung, kaputt gehen. Dagegen hilft entweder eine komplette Verstärkung des original Getriebes oder der Austausch gegen die Version aus dem Benziner. Das Benzinergetriebe ist dann so überdimensioniert, dass es für immer und ewig halten sollte. Egal mit wie viel Tonnen man den HZJ belädt…:)
Verfügbarkeit von Ersatzteilen unterwegs
Wie oft höre ich von Kunden: Ein Toyota – das ist super, da bekomme ich weltweit Ersatzteile.
Ganz so einfach ist das aber nicht. Ob ein Ersatzteil verfügbar ist und vor allem wie schnell, hängt stark davon ab ob das Modell in dem jeweiligen Land vom Hersteller ausgeliefert wurde oder nicht. Zusätzlich kann es Importsperren geben die eine Lieferung verhindern.
Beispiel USA: Der LandCruiser J7 Heavy Duty wurde hier nicht verkauft. Trotzdem lagern in Kalifornien riesige Mengen an Ersatzteilen für den J7. Aber nicht für die USA sondern für Kanada und Mexiko. In den USA darf/kann mir der Händler nicht Mal einen Ölfilter bestellen.
In Costa Rica hingegen (dort wird der J7 verkauft) sind viele Teile schnell verfügbar und die Preise sind in Ordnung.
Hier in Europa sind wir ziemlich verwöhnt weil die Teile zwar teuer sind aber im Prinzip fast alles bestellbar und recht schnell verfügbar.
Es kommt also sehr auf das Fahrzeug und die Reiseroute an ob man im Falle des Falles Ersatzteile bekommt oder nicht.
In vielen Ländern wird zudem gerne zu Nachbauten (oft aus China) gegriffen. Darüber hört man aber leider wenig positives und ich würde ein solches No-Name-Teil nur einbauen wenn es keine Alternative gibt. OE-Teile, wie sie von großen Herstellern angeboten werden sind damit natürlich nicht gemeint.
Beispiel: Auf der Suche nach unseren Toyo M/T Reifen in Mexiko wurden uns auch gerne mal Reifen angeboten (bei großen Händlern), die außer „Mud-Trak“ kaum einen Aufdruck hatten. Kein Hersteller, keine Traglast etc..
So etwas würde ich in einem vollbeladenen Reisefahrzeug nicht verbauen.
Und an Werkzeug?
Da kommt es ganz auf den persönlichen Bedarf an. Wenn man viel selbst macht, dann darf es schon etwas mehr sein… 🙂
Bei uns wäre das ein großer Schraubenschlüssel-Satz (da kann man nicht nur Schrauben mit anziehen), ein mittelschwerer Hammer (ein leichter bringt meistens gar nichts), Inbusschlüssel-Satz, Gabelschlüssel-Satz (nur bis 19 mm und auch nicht alle Größen), Cutter, Bandschlüssel, Drehmomentschlüssel klein und groß, Schleifpapier, Seegeringzange und 2 Größen Universalzangen. Dazu eine Mini-Fettpresse mit 1kg Fett in der Dose).
Und dann noch einen Ölfilterschlüssel (freut sich auch die Werkstatt beim Filterwechsel immer wieder drüber und man spart sich viel Nerven und Zeit), Spezialwerkzeug für die Radnabe hinten und für die Ventileinstellung sowie einen Spezialschraubenzieher für Teile des Innenausbaus.
Ach ja und tatsächlich auch einen kleinen Akkuschrauber mit Bohrern. Der wird allerdings hauptsächlich als Stabmixer in der Küche verwendet, sonst hätten wir ihn wohl auch nicht dabei…:)
Alles zusammen dürften das so ca. 20-30 kg sein. Das lässt sich aber auch sicher auf die Hälfte reduzieren.
Die Wagenheber zähle ich jetzt mal nicht zum Werkzeug, sonst wird´s mit dem Gewicht eng…:)
Für alle mit Ahnung kann ich übrigens nur empfehlen – geht mit in die Werkstatt wenn ihr dürft. In vielen Ländern ist das kein Problem und man glaubt gar nicht wie oft man dem Mechaniker etwas zeigen kann um ihm die Arbeit zu erleichtern. Und sei es nur die Ölablassschraube.
Bei der Werkstatt deines Vertrauens
Und wenn du lieber andere am Fahrzeug reparieren und schrauben lässt?
Im Prinzip bleibt die Liste der Ersatzteile für dich die gleiche denn du musst ja nichts selbst reparieren. Irgendwer wird sich schon finden. Und derjenige freut sich über Originalteile die ordentlich passen mindestens genauso wie über ein bebildertes Werkstatthandbuch.
Beim Werkzeug lässt sich sparen. Wer sowieso in die Werkstatt geht und dort auch nicht mithelfen möchte für den reicht ein kleiner Schraubenschlüsselsatz (kann man wirklich immer gebrauchen) ein paar Schraubenzieher, Klebeband und die Spezialwerkzeuge, die eine Werkstatt mit großer Sicherheit nicht auf Lager hat wie z.B. beim J7 für die Einstellung der Ventile oder der Radnabe.
Eine kleine Statistik von unserer Reise
Mitgenommen und benutzt
- Universelles Werkzeug (immer mal wieder)
- Ölfilterschlüssel (jede Werkstatt hat sich aufs neue darüber gefreut)
- Drehmomentschlüssel (zum Nachziehen nach dem Reifenwechsel, meistens hat es aber einigermaßen gestimmt)
- Fettpresse (gerne und oft)
- 2 Stempel-Wagenheber (beide auch in Kombination schon gebraucht)
- Klebeband und Säge (zum Bau von vielen neuen Kleinigkeiten)
- Ersatzdämpfer für Klappdach (Mitgebracht bekommen nach Costa Rica)
- Viele Ölfilter (zum Teil auch mitgebracht bekommen)
Mitgenommen und nicht benutzt
- Fast alle Ersatzteile (wurde zum Glück nie gebraucht)
- Reifen-Kit (zum Glück, wird aber wieder mitgenommen)
- Flüssigkeiten (außer Wischwasser)
Auf der Reise gekauft
- Alu, Silikon, Schrauben, Sperrholz, WD40 und vieles mehr zum Bau von neuen Ideen…:)
- Handy-Reparatur Set mit Spezialschraubenziehern
Vergessen, muss nächstes Mal mit
- Ersatz-Tankdeckel für den Zusatz-Tank (lässt man schneller liegen als man denkt, haben wir vor Ort von Steffi&Daniel geschenkt bekommen)
So, dann konnte ich hoffentlich einige Fragen bzgl. der Mitnahme von Ersatzteilen beantworten. Einige der aufgelisteten Ersatzteile gibt es übrigens in unserem neu gegründeten Shop für Expeditionszubehör, Fahrzeuglösungen & Ersatzteile: Exped Innovations. Schau doch mal vorbei.
Welche Ersatzteile nehmt ihr mit auf Reisen? Was fandet ihr völlig überflüssig und was hat euch gefehlt? Schreibt es mir gerne in die Kommentare!
Schönes Reisen!
Euer Till
Hallo Till,
vielen Dank für deine wertvollen Beiträge!
Wir planen gerade eine Weltreise mit unserem HZJ78 (Bj. 2001), ich suche die nötigen Kleinigkeiten zusammen, und da muss ich dich fragen:
1. Wo bekomme ich die Werkstatthandbücher her? Habe Bd. 1 für Antrieb u. Fahrwerk (RM 183M) und für den Motor (RM172M), aber ich komme bei der Suche nach weiteren Bänden nicht vorwärts.
2. Kannst du mir raten, welches Spezialwerkzeug ich mitnehmen sollte?
Vielen Dank und Grüße,
Martin Link
Hi Martin,
Vielen Dank für den Kommentar.
Über die Werkstatthandbücher schreibe ich in Kürze noch einen Artikel auf Exped-Innovations.com.
Die beiden Bücher, die Du schon hast sind definitiv die wichtigsten. Dann gibt es noch je ein Zusatz Handbuch für Karosserie und Fahrwerk ab 1999 und für den 1HZ Motor ab 1999. Die sind durchaus auch sinnvoll mitzunehmen. Auch für die Elektrik gibt es noch eigene Bücher, an sich reicht da aber auch das grüne Buch, dass Du schon hast wenn Du keine größeren Umbauten planst und die genaue Position von Steckern oder ähnliches brauchst. Das währe dann alles nur in dem reinen Elektrik Handbuch drin.
Spezialwerkzeug braucht man eigentlich gar keins. Sinnvoll sind trotzdem die große Nuss für die Radlager und ein Ölfilterschlüssel. Die große Nuss weil die kaum jemand hat und damit das Drehmoment an den Lagern besser einstellbar ist und den Ölfilterschlüssel weil sich jede Werkstatt drüber freut und man nicht das Risiko hat, dass einer mit dem Universalschlüssel abrutscht oder sonst etwas beschädigt. Kostet bei Toyota nur ein paar Euro.
Ansonsten sind eigentlich alle Reparaturen oder Wartungsarbeiten mit Standard-Werkzeug machbar. Außer vielleicht Ventile einstellen, das kann man aber vor der Reise machen und dann reicht das normalerweise (100.000km). Genau wie Wasserpumpe und Zahnriemen (beides vorher machen, da gerade die Wasserpumpe echt nervig ist, für beides ist aber auch kein Spez.Werkzeug nötig).
Sowas wie einen Abzieher oder ähnliches hat eigentlich jede bessere Kfz-Werkstatt weltweit da, das muss man also nicht mitschleppen.
Deswegen mein Tipp, macht alles an Wartung vorher (Alle Flüssigkeiten, Bremsscheiben, Einspritzdüsen, Wasserpumpe, Zahnriemen usw.) auch wenn es noch nicht nötig währe, dann könnt ihr erst Mal 40-50.000 in Ruhe fahren. Und macht so viel wie möglich selbst, dass ihr wisst wie es geht…:)
Viele Grüße,
Till